Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Alles zum Thema im Überblick
Es geschieht immer wieder, dass Menschen bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommen. Im Anschluss kommt es zu einem Ermittlungsverfahren gegen den vermeintlichen Täter wegen fahrlässiger Tötung. Die seelische Belastung kann alle Beteiligten lange verfolgen. Nicht selten machen sich die Täter ein Leben lang Schuldvorwürfe. Auch an Gericht, Staatsanwaltschaft, Zeugen und Verteidiger geht das Strafverfahren nicht spurlos vorbei.
Dieser Beitrag stellt den Verfahrensablauf dar, erläutert den Tatbestand der fahrlässigen Tötung im Straßenverkehr und beschreibt Verteidigungsansätze aus unserer täglichen Praxis.

Inhalte:
Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr Statistik: Wie viele Straftaten pro Jahr?
§ 222 StGB: Wann kann der Vorwurf einer fahrlässigen Tötung im Straßenverkehr gemacht werden?
Beispiele für Fälle mit fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr
Rechtsprechung bei fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr
Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung: Ablauf und Dauer
Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Tatbestand und Voraussetzungen
Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Beispiele aus unserer täglichen Praxis
Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Strafmaß; Was droht dem Beschuldigten?
Fahrlässigkeitsgrade bei fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr
Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Bewährung oder Freiheitsstrafe?
Auswirkungen von Alkohol- und/oder Drogenkonsum auf das Strafmaß
Führerscheinentzug bei fahrlässiger Tötung: Wann und wie lange droht der Entzug?
Schadensersatz und Schmerzensgeldansprüche Hinterbliebener
Fahrlässige Tötung und Auswirkung auf die Probezeit
Vorwurf fahrlässiger Tötung bei jungem Täter unter 21 Jahren
Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Verteidigungsansätze
Anzeige wegen fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr: Was sollten Sie jetzt tun?
Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr Statistik: Wie viele Straftaten pro Jahr?
Im Durchschnitt wurden zwischen 2014 und 2024 jährlich 660 bis 800 Fälle von fahrlässiger Tötung in Deutschland polizeilich erfasst. Im Jahr 2024 waren es 780.
Ein Großteil davon ereignete sich im Straßenverkehr.
§ 222 StGB: Wann kann der Vorwurf einer fahrlässigen Tötung im Straßenverkehr gemacht werden?
Eine fahrlässige Tötung liegt vor, wenn ein Mensch infolge einer Sorgfaltspflichtverletzung einer anderen Person ums Leben kommt. Der Täter hat den Todeseintritt dabei weder gewollt, noch war ihm die Gefahr des Todes für eine andere Person bewusst (Vorsatz).
Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB).
Die Missachtung der Straßenverkehrsregeln stellt einen Sorgfaltspflichtverstoß dar, auf welchen ein Fahrlässigkeitsvorwurf gestützt werden kann. Dies kann zum Beispiel ein zu schnelles Fahren, ein Rotlicht- oder Abstandsverstoß sein.
Einem Verkehrsteilnehmer wird dann ein strafrechtlicher Fahrlässigkeitsvorwurf in Bezug auf die Tötung eines anderen Menschen gemacht, wenn er im Straßenverkehr einen solchen Sorgfaltspflichtverstoß begangen hat und daraus in einer für den Verkehrsteilnehmer vorhersehbaren und vermeidbaren Weise die Gefährdung des Lebens einer anderen Person gefolgt ist.
Beispiele für Fälle mit fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr
Häufige Pflichtverstöße im Rahmen von Verfahren wegen fahrlässiger Tötung sind:
Beispiel 1 fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Geschwindigkeitsüberschreitungen
Viele Verurteilungen wegen fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr sind mit Geschwindigkeitsüberschreitungen und dadurch verursachten Unfällen verbunden.
Beispiel 2 fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Abstandsverstöße
Die Missachtung der Abstandsvorschriften führt auf Autobahnen oft zu schwerwiegenden Unfällen mit Todesfolge. Abstandsverstöße treten oft im Zusammenhang mit Geschwindigkeitsverstößen auf.
Beispiel 3 fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Alkohol und Drogen
Alkohol- und/oder Drogenfahrten führen häufig zu Unfällen. Bei einigen davon kommt es zu Todesopfern.
Beispiel 4 fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Missachtung von Verkehrsregeln
Es kommt immer wieder zu tödlichen Unfällen im Zusammenhang mit Verkehrsverstößen wie einer Missachtung roter Ampeln, einem Übersehen eines Vorfahrtsberechtigten oder einem Überholen trotz Überholverbots.
Beispiel 5 fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Ablenkung
Häufig durch das Handy oder durch andere die Aufmerksamkeit auf sich lenkende Tätigkeiten während der Fahrt.
Rechtsprechung bei fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr
Die Gerichte urteilen bei dem Vorwurf einer fahrlässigen Tötung äußerst unterschiedlich. Dies liegt nicht nur am jeweils unterschiedlichen Sachverhalt, einem ggf. vorhandenen Mitverschulden des Tatopfers oder eigenen Verletzungen des Täters nach dem Unfallereignis, sondern auch an der örtlichen Praxis des Gerichts mit solchen Fällen im Strafmaß umzugehen. Dies kann sich auch in den Rechtsmittelinstanzen grob unterscheiden.
Beispiel 1 Rechtsprechung bei fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr
Der Täter erfasste – abgelenkt durch sein Smartphone – eine junge Frau und zwei ihrer Kinder auf ihren Fahrrädern auf einer Landstraße außerhalb geschlossener Ortschaften. Der Täter wurde zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten ohne Bewährung verurteilt.
LG Paderborn, Urteil vom 5.10.2021 – 5 Ns 8/21.
Beispiel 2 Rechtsprechung bei fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr
Zwei Täter wurden wegen fahrlässiger Tötung nach „Raser-Fahrt“ durch Köln vom LG Köln zu Freiheitsstrafen von 1 Jahr und 9 Monaten, bzw. 2 Jahren auf Bewährung verurteilt. Der BGH hob die Bewährung auf. In dem Urteil erläutert der BGH die Grenzen für die Strafaussetzung zur Bewährung ausführlich.
BGH, Urteil vom 6.7.2017 – 4 StR 415/16
Beispiel 3 Rechtsprechung bei fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr
Im Falle einer fahrlässigen Tötung kann ein überwiegendes Mitverschulden des Unfallgegners vorliegen, wenn dieser einen sogenannten qualifizierten Rotlichtverstoß (Ampel zeigte länger als 1 Sekunde rot) begangen hat. Ein überwiegendes Mitverschulden des Unfallgegners schließt einen Fahrlässigkeitsvorwurf gegen den Beschuldigten aus.
OLG Hamm, Beschl. v. 20.8.2015 – 5 RVs 102/15
Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung: Ablauf und Dauer
Sobald die Polizei oder die Staatsanwaltschaft von einem nicht natürlichen Todesfall erfährt, werden Ermittlungen zur Todesursache eingeleitet. Bei vermuteter Fremdeinwirkung wird ein Ermittlungsverfahren aufgenommen. Eine wichtige Weichenstellung für die Ermittlungen ist die Unterscheidung zwischen einer vorsätzlichen Tötung und einer fahrlässigen Tötung.
Eine vorsätzliche Tötung liegt vor, wenn eine Person bewusst und gewollt von jemandem getötet wurde.
Eine fahrlässige Tötung liegt vor, wenn eine Tötung durch menschliches Verhalten verursacht wurde, ohne dass dies bewusst oder gewollt gewesen wäre. Es wird lediglich der Vorwurf einer Sorgfaltswidrigkeit gemacht, die zum Tod eines anderen Verkehrsteilnehmers geführt hat.
Bei einem Verkehrsunfall mit einem Todesopfer wird ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung gemäß § 222 StGB eingeleitet. Es werden Beweismittel gesammelt und gegen potenzielle Beschuldigte ermittelt. Der Beschuldigte erhält dann einen Äußerungsbogen von der Polizei. Damit wird dem Beschuldigten rechtliches Gehör gewährt.
Unser Rat: Schweigen Sie! Machen Sie von ihrem Schweigerecht Gebrauch und konsultieren Sie einen Anwalt.
Beachten Sie unseren Artikel zum Thema Äußerungsbogen als Beschuldigter, dem Sie alle wichtigen Fragen rund um das Thema Äußerungsbogen entnehmen.
Nach Abschluss der Ermittlungen wird die Ermittlungsakte von der Polizei an die Staatsanwaltschaft übersandt. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob ein hinreichender Tatverdacht für eine nach § 222 StGB strafbare fahrlässige Tötung begründet. Ist dies nach Ansicht der Staatsanwaltschaft der Fall wird sie eine Anklageschrift verfassen und an das zuständige Gericht übersenden. Das Gericht prüft dann erneut das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachtes erneut. Wenn das Gericht vom Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachtes ausgeht, beraumt es einen Termin zur mündlichen Verhandlung an. Alle Verfahrensbeteiligten werden geladen (Angeklagter, Zeugen, Sachverständige).
Die Dauer des Strafverfahrens und die Anzahl der Verhandlungstage hängt vom Einzelfall und der Komplexität des Falles ab.
Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Tatbestand und Voraussetzungen
Eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr setzt voraus, dass die sogenannten Tatbestandsmerkmale („Voraussetzungen“) der Gesetzesnorm (§ 222 StGB) vorliegen.
Der Beschuldigte muss den Tod eines anderen Menschen fahrlässig verursacht haben.
Das Tatbestandsmerkmal der Fahrlässigkeit setzt dabei eine Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des Todes des Tatopfers voraus. Als Maßstab dafür wird eine besonders besonnene Vergleichsperson im Straßenverkehr hinzugedacht.
Eine solche Person hält sich immer an die Geschwindigkeit, fährt vorausschauend und beachtet alle Regeln des Straßenverkehrs.
Es kann also bereits bei kleinen Sorgfaltsverstößen ein Fahrlässigkeitsvorwurf im Raum stehen (zum Beispiel geringfügige Geschwindigkeitsüberschreitung).
Vorhersehbarkeit liegt vor, wenn für den Täter erkennbar war, dass sein Verhalten ein Risiko für die Unversehrtheit anderer Verkehrsteilnehmer bedeutet.
Vermeidbarkeit ist gegeben, wenn es der Vergleichsperson hätte gelingen können, den Eintritt des zur Tötung des anderen Menschen führenden Ereignisses zu vermeiden.
An dieser Stelle werden häufig sogenannte Vermeidbarkeitsgutachten eingeholt. Bei diesen untersucht ein spezialisierter Sachverständiger (Gutachter) den Unfallhergang und begutachtet, ob der Unfall sich bei sorgfältiger Straßenverkehrsteilnahme, insbesondere bei Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung, hätte vermeiden lassen. Kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass das zur Tötung führende Ereignis sich bei vorschriftsgemäßem Verhalten nicht hätte vermeiden lassen, so scheidet ein Fahrlässigkeitsvorwurf aus.
Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Beispiele aus unserer täglichen Praxis
- Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass der Unfall für den Verkehrsteilnehmer auch bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit nicht vermeidbar war, weil dieser auch bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit nicht mehr hätte rechtzeitig bremsen können und das Fahrzeug vor dem Opfer hätte gestoppt werden können.
- Der Gutachten stellt hinsichtlich unseres alkoholisierten Mandanten fest, dass der Unfall sich auch für einen nüchternen und aufmerksamen Verkehrsteilnehmer nicht mehr hätte vermeiden lassen, da das Unfallopfer derart plötzlich hinter einem Hindernis hervorkam, dass jeglicher Bremsversuch zu spät gekommen wäre.
Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Strafmaß; Was droht dem Beschuldigten?
§ 222 StGB sieht für eine fahrlässige Tötung ein Strafmaß von Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu 5 Jahren vor. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen einer fahrlässigen Tötung im Straßenverkehr und außerhalb des Verkehrs.
Wenn der Fahrlässigkeitsvorwurf nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung nicht bestätigt wird, erfolgt der Freispruch. Der Beschuldigte ist von allen Tatvorwürfen entlastet.
Es kann aber auch in bestimmten Fällen schon im Vorfeld (Ermittlungsverfahren) zu einer Einstellung gegen Erfüllung einer Auflage (meist Geldzahlung) gemäß § 153a StPO kommen. Dies kann bei einer verhältnismäßig geringen Schuld des Mandanten der Fall sein oder einem nicht unerheblichen Mitverschulden des Tatopfers.
Bei einer Verurteilung liegt die Geldstrafe zwischen 5 und 360 Tagessätzen. Die Höhe eines Tagessatzes orientiert sich am Netto-Einkommen des Beschuldigten geteilt durch 30.
Wie hoch die Strafe im Einzelfall ausfällt, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Es kommt maßgeblich auch darauf an, wie hoch der Grad der Fahrlässigkeit ist und ob der Täter bereits einschlägig vorbestraft ist.
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Fahrlässigkeitsgrade bei fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr
Folgende Fahrlässigkeitsgrade werden her unterschieden.
Grobe Fahrlässigkeit
Grobe Fahrlässigkeit (auch Leichtfertigkeit genannt) liegt vor, wenn es sich dem Täter aufgedrängt haben müsste, dass es zu einem für eine andere Person lebensgefährlichen Ereignis kommen könnte und er sein Verhalten nicht entsprechend angepasst hat.
Leichte Fahrlässigkeit
Man spricht von leichter Fahrlässigkeit, wenn die Sorgfaltspflichtverletzung nicht besonders schwer wiegt. In diesen Fällen liegt die zum Unfall führende Handlung häufig in einem flüchtigen Übersehen einer anderen Person während eines allgemein hektischen Verkehrsvorgangs.
Normale Fahrlässigkeit
Im dazwischen liegenden Bereich wird von (normaler) Fahrlässigkeit gesprochen.

Etwaige Vorbestrafungen wirken sich umso stärker auf das Strafmaß aus, desto enger sie mit dem Straßenverkehr oder allgemein mit Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit verbunden sind („Einschlägigkeit“).
Ein bislang unauffälliger Täter ohne Vorstrafen in einem tragischen Unfall mit einem geringen Grad an Fahrlässigkeit kann mit einer Geldstrafe rechnen.
In Fällen höhergradiger Fahrlässigkeit in Verbindung mit einschlägigen Vorstrafen wird es der Regel auf eine Freiheitsstrafe hinauslaufen.
Eine hohe Freiheitsstrafe von 3 Jahren oder mehr ist allerdings nur in besonders schweren Fällen zu erwarten.
Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Bewährung oder Freiheitsstrafe?
Freiheitsstrafen bis zu 2 Jahren können zur Bewährung ausgesetzt werden; das heißt der Verurteilte muss die Strafe nur dann antreten, wenn er innerhalb der Bewährungszeit erneut straffällig wird und die Bewährung deshalb widerrufen wird.
Oft wird eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr oder weniger zur Bewährung ausgesetzt. Bei Freiheitsstrafen von mehr als 1 Jahr, aber weniger als 2 Jahren in der Regel auch. Hier ist die Vorgeschichte des Täters entscheidend. Wenn der Täter bereits zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde oder unter Bewährung steht, droht eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Handelt es sich um die erste Freiheitsstrafe wird diese oft zur Bewährung ausgesetzt.
Auswirkungen von Alkohol- und/oder Drogenkonsum auf das Strafmaß
Alkohol- und Drogenkonsum kann den Fahrlässigkeitsvorwurf erhöhen. Es wird sodann oft von einem erhöhten Maß an Fahrlässigkeit ausgegangen.
Bei besonders hoher Beeinträchtigung durch Alkohol (BAK von mehr als 2,0 Promille, bzw. 3,0 Promille) oder Drogen (in entsprechend hoher Dosis) kann die Schuldfähigkeit eingeschränkt oder ausgeschlossen sein. Dies kann sich in Bezug auf das Strafmaß mildernd auswirken, ist aber in der Regel mit anderweitigen negativen Folgen verbunden. Es wird regelmäßig ein Entzug der Fahrerlaubnis angeordnet. Außerdem kann im Falle der Schuldunfähigkeit ein anderer Straftatbestand, § 323a StGB (Vollrausch), erfüllt sein. Der Regelstrafrahmen ist derselbe wie bei der im Rausch begangenen Tat.
Führerscheinentzug bei fahrlässiger Tötung: Wann und wie lange droht der Entzug?
Das Gericht kann bei einer fahrlässigen Tötung im Straßenverkehr gemäß § 69 Abs. 1 S. 1 StGB die Fahrerlaubnis entziehen, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, dass der Täter ungeeignet ist, Kraftfahrzeuge zu führen. Die Gründe dafür müssen im Urteil gesondert angegeben werden. § 222 StGB ist kein Regeltatbestand im Sinne des § 69 Abs. 2 StGB für die „automatische“ Entziehung der Fahrerlaubnis, so dass wir in der täglichen Praxis hierüber mit der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht diskutieren können.
Erfolgt eine Fahrerlaubnisentziehung, so weist das Gericht gemäß § 69a StGB zugleich die Fahrerlaubnisbehörde an, dem Täter vor Ablauf einer Frist von 6 Monaten bis 5 Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen (Führerscheinsperre). Wie lange die Sperrfrist ausfällt, hängt von den Umständen des Einzelfalls und der verkehrs- und strafrechtlichen Vorgeschichte des Täters ab. Viele Punkte in Flensburg und (einschlägige) Vorstrafen (Eintragungen im BZR) führen meist zu einer Verlängerung der Sperrfrist. Wurde der Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal für den Führerschein gesperrt, beträgt die Sperre mindestens 1 Jahr.
Darüber hinaus erfolgt eine Sperre nur bei besonders gravierenderen Verkehrsverstößen oder sog. „unbelehrbaren Verkehrssündern“.
Wenn keine Fahrerlaubnisentziehung erfolgt, kann das Gericht gemäß § 44 StGB ein Fahrverbot von bis zu 6 Monaten als Nebenstrafe aussprechen. Dies führt nicht zur Fahrerlaubnisentziehung, sondern lediglich zu einem zeitlich begrenzten Fahrverbot, wie es aus dem Bußgeldkatalog bekannt ist. Nach Ablauf des Fahrverbots wird der Führerschein zurückgegeben und es darf wieder gefahren werden.
Im besten Fall erfolgt überhaupt keine Führerscheinmaßnahme und der Führerschein bleibt dem Beschuldigten vollständig erhalten.
Schadensersatz und Schmerzensgeldansprüche Hinterbliebener
Auf den Täter können neben den strafrechtlichen Sanktionen zivilrechtliche Ansprüche der Hinterbliebenen zukommen. § 844 BGB sieht vor, dass der „Ersatzpflichtige“ für die Begräbniskosten aufkommt. Sofern eine Unterhaltsverpflichtung des Verstorbenen bestand, kann der Täter auf Fortsetzung dieser Verpflichtung in Anspruch genommen werden. Weiterhin können die Hinterbliebenen mit besonderem persönlichen Näheverhältnis zum Verstorbenen dem Täter mit Ansprüchen auf Schmerzensgeld für das verlustbedingte seelische Leid entgegentreten. Auch weitere Schadensersatzansprüche können hinzutreten. Diese werden aber in der Regel durch die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung des Beschuldigten ausgeglichen.
Fahrlässige Tötung und Auswirkung auf die Probezeit
Eine fahrlässige Tötung im Straßenverkehr ist führerscheinrechtlich ein schwerwiegender Verkehrsverstoß. Wenn das Gericht die Fahrerlaubnis nicht entzieht, kommt auf den Täter in der Probezeit eine Probezeitverlängerung um 2 Jahre und ein Aufbauseminar zu.
Die Fahrerlaubnisbehörde kann in gravierenden Fällen unabhängig vom Gericht den Führerschein entziehen und eine MPU anordnen.
Vorwurf fahrlässiger Tötung bei jungem Täter unter 21 Jahren
Bei Tätern bis zu einem Alter von 18 Jahren findet zwangsläufig das Jugendstrafrecht Anwendung. Dieses ist im Vergleich zum Erwachsenenstrafrecht im „Strafmaß“ milder. Es kommt aber auch häufiger zu einer Gerichtsverhandlung. Die Prozesse sind darauf ausgerichtet Wiederholungstaten zu vermeiden und den jugendlichen Täter auf die rechtmäßige Spur zurückzuholen („Erziehungsgedanke“).
Für die sogenannten Heranwachsenden im Alter von 18 bis 21 Jahren kann ebenfalls nach Jugendstrafrecht verfahren werden. Das Strafmaß ist bei Jugendlichen und Heranwachsenden im Allgemeinen geringer.
Heranwachsende werden nach Jugendstrafrecht behandelt, wenn sie nach ihrem Entwicklungsstand nicht die geistige Reife eines Erwachsenen besitzen. Für die Entscheidung erfolgt eine Gesamtbetrachtung der Person des Heranwachsenden. Es kommt insbesondere auf Umstände an wie:
- Lebensumstände (keine selbständige Haushaltsführung oder Heranwachsender wohnt noch bei den Eltern)
- Beruflicher Werdegang (keine abgeschlossene Berufsausbildung oder Studium)
- Allgemeines Auftreten
- Tatumstände
Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Verteidigungsansätze
Es gibt eine Vielzahl von Verteidigungsansätzen, die ein erfahrener Anwalt für den Beschuldigten prüfen kann.
Dazu zählen:
- Die Darlegung der Unvermeidbarkeit des Todeseintritts und die Beantragung der Einholung eines Vermeidbarkeitsgutachtens. Ggf. macht hier auch schon ein Privatgutachten im Vorfeld Sinn.
- Die Infragestellung eines für den Mandanten negativen Gutachtens durch Hinterfragen der zugrunde gelegten sogenannten Anknüpfungstatsachen (zum Beispiel Geschwindigkeit, Abstand, Rotlichtverstoß … des Täters)
- Die Erforschung des hinter dem Unfall liegenden Sachverhalts, verbunden mit dem Vortragen von Gründen, die den Fahrlässigkeitsvorwurf entfallen lassen.
- Kritisches Hinterfragen der Feststellungen im Ermittlungsverfahren mit besonderem Augenmerk auf Verfahrensfehler und pauschalisierende Feststellungen.
- Vortrag in Bezug auf ein (überwiegendes) Mitverschulden des Unfallgegners.
- Entkräftung von Ablenkungsbehauptungen durch Gegendarstellung, bzw. Aufzeigen der Nichtnachweisbarkeit.

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Thomas Erven, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht in Köln
Bildquellennachweise:
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FAQ:
Geldstrafe oder Freiheitsstrafe mit oder ohne führerscheinrechtliche Konsequenzen (Fahrverbot, Fahrerlaubnisentzug).
Zeugen sind keine besonders zuverlässigen Beweismittel, allerdings sind sie häufig die einzigen. In aller Regel wird bei Verkehrsunfällen mit Todesopfern die Einholung von Sachverständigengutachten erforderlich sein, um den Unfallhergang rekonstruieren zu können.
Das Aussageverhalten des Täters kann eine entscheidende Rolle spielen. Er kann sich durch eine Verstrickung in Widersprüche oder ein vorschnelles Einräumen der Tat in eine ungünstige Ausgangsposition bringen. Deshalb sollte nicht vorschnell auf den Tatvorwurf geredet werden oder sich schriftlich ohne eine Akteneinsicht des Anwalts geäußert werden.
Wenn aus einem sogenannten Vermeidbarkeitsgutachten hervorgeht, dass der Unfall auch bei Einhaltung des notwendigen Sorgfaltsmaßstabs nicht vermeidbar gewesen wäre.
Ja, in verschiedenen Konstellationen ist dies möglich. Beispielsweise, wenn dem Beschuldigten kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden kann, da entsprechende Beweismittel für einen Sorgfaltspflichtverstoß fehlen oder wenn eine Unvermeidbarkeit des Todesgeschehens wahrscheinlich ist.
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