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Von Thomas Erven

Illegales Autorennen vorgeworfen? - Tipps vom Anwalt

Autofahrer oder Motorradfahrer, denen ein illegale Rennen nachgewiesen wird, kommen nicht mehr mit einem blauen Auge davon: Seit 2017 gilt ein illegales Autorennen als Straftat und nicht mehr als Ordnungswidrigkeit.

Dies zieht erhebliche Konsequenzen nach sich – auch, wenn niemand dabei zu Schaden kommt. Zudem wird oft nicht bedacht, welche Folgen ein illegales Autorennen bei einem Unfall für die Autoversicherung hat.

Wir erklären, welche Strafen drohen und womit Raser noch rechnen müssen.

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Falls auch Ihnen die Teilnahme an einem illegalen Autorennen vorgeworfen wird, schweigen Sie und holen Sie anwaltlichen Rat ein.

Denn bei diesem Vorwurf kommt es auf die richtige Verteidigung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt auf diesem speziellen Gebiet an.

Inhalte dieser Seite

  1. Rennen: Ein Fall aus unserer Kanzlei
  2. Illegale Autorennen: Zahlen und Fakten
  3. Straßenrennen: das neue Gesetz
  4. Welche Strafe droht beim illegalen Rennen?
  5. Welche Konsequenzen hat ein Rennen noch?
    1. Zahlt die Versicherung bei illegalen Autorennen?
  6. Was ist ein illegales Autorennen?
    1. Rennen mit mehreren Teilnehmern, §315 d Abs. 1 Nr. 2 StGB
      1. Wie kommen Rennen in der Praxis vor?
      2. Welche Indizien für ein Rennen entscheiden vor Gericht?
      3. Wie wird versucht ein Rennen nachzuweisen?
      4. Was können wir als Anwalt gegen die Annahme eines Rennens vorbringen?
      5. Aktuelle Rechtsprechung des Oberlandesgericht Köln
    2. Alleinrennen ("Rennen gegen sich selbst")
      1. Welche Merkmale müssen für ein Alleinrennen vorliegen (sogenanntes mehrstufiges „Filtersystem“)
      2. Regelung verfassungswidrig?
      3. Aktuelle Entscheidung des OLG Köln
      4. Absolute oder relative Höchstgeschwindigkeit?
      5. Welche Indizien für ein Alleinrennen entscheiden vor Gericht?
      6. Was können wir als Anwalt gegen ein Alleinrennen vorbringen?
  7. Was können wir als Anwalt gegen den Entzug der Fahrerlaubnis machen?
  8. Was können wir als Anwalt gegen die Einziehung und Versteigerung des Fahrzeugs machen?
  9. Driften und Donuts als illegales Autorennen?
  10. Polizeiflucht als Straßenrennen?
  11. Zu schnelles Konvoifahren als Rennen?
  12. Rennen bei Einhaltung der Verkehrsregeln?
  13. Rennen bei leerer Straße?
  14. Höhere Strafe wegen weiterer Straftaten neben dem illegalen Rennen?
  15. Wie kann mir ein Anwalt helfen?
  16. Zusammenfassung
  17. Die Mutter aller Rennen: Der Berliner Kudamm-Raser-Fall

1. Rennen: Ein Fall aus unserer Kanzlei

Einer unserer zahlreichen bundesweiten Verteidigungen wegen des Vorwurfs des illegalen Straßenrennens; hier ein Fall ohne schweren Verlauf (Unfall mit Verletzten oder getöteten Personen):

Fünf Motorradfahrer sollen sich in Köln ein illegales Straßenrennen auf einer innerstädtischen langgezogenen Straße geliefert haben, die für Geschwindigkeitsüberschreitungen bekannt ist.

Die zufällig mit ihrem Streifenwagen an einer Kreuzung im Streckenverlauf stehenden Polizeibeamten wollen einen Rotlichtverstoß eines Kradfahrers und in der Nachfahrt ein illegales Rennen einer Gruppe von Kradfahrern unter denen sich unser Mandant befand beobachtet haben.

Illegales Autorennen
Wird Ihnen ein illegales Straßenrennen vorgeworfen? Kostenloses Erstgespräch! Rufen Sie uns an unter 0221 30140344.

Als Verteidiger einer der Motorradfahrer konnten wir die Einstellung des Verfahrens vor Gericht erwirken.

Dies gelang u.a. durch eine Darstellung, dass das über die rote Ampel fahrende Krad nicht zur Motorradgruppe gehörte, eine eingehende Befragung der polizeilichen Zeugen und einer Darlegung des Streckenverlaufs, die beim Gericht Zweifel an der Version eines Straßenrennens durch die Polizei aufkommen ließ. Die für ein Rennen notwendigen Indizien über die wir noch im Weiteren berichten konnten von uns erschüttert werden.

Der Führerschein musste noch während der Verhandlung herausgegeben werden. Auch das sichergestellte Motorrad wurde ausgehändigt.

Zudem musste der Staat für die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Abschlepp- und Unterbringungskosten des Motorrads, aufkommen.

2. Illegale Autorennen: Zahlen und Fakten

Seit dem Inkrafttreten des neuen Rennparagraphen: § 315 d StGB im Jahr 2017 sind allein in Berlin (Stand 2021) mehr als 1800 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Bei fast 800 Verfahren wurde Anklage erhoben und mehr als 350 Verfahren rechtskräftig abgeschlossen. Berlin nimmt bei der Anzahl der Autorennen im Verhältnis zur Einwohnerzahl eine Spitzenstellung unter den neun Bundesländern ein, die eine Statistik über die Anzahl der Verfahren führen.

Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein Westfalen sind schon ein Jahr nach der Gesetzesänderung 2017 im Jahr 2018 von der Polizei 474 illegale Autorennen registriert worden. Eine Steigerung von 40 % gegenüber 2017. Im Jahr 2019 stieg die Anzahl sodann weiter auf 659 Fälle.

In Bayern stieg die Zahl der Ermittlungen wegen Straßenrennen von 311 Fällen 2019 auf 466 Fälle 2020.

In den insgesamt neun Bundesländern, die eine Statistik über die Anzahl der Verfahren wegen Autorennen führen, wurden 2019 rund 1900 Fälle registriert; 700 Fälle mehr als ein Jahr zuvor.

Das heißt, dass es nach Einführung des Rennparagraphen nicht -wie bezweckt- zu weniger Strafverfahren kam, sondern sogar zu mehr Verfahren! Eine abschreckende Wirkung der Gesetzesverschärfung scheint danach jedenfalls nicht eingetreten.

Jedoch sind die steigenden Zahlen von Strafverfahren wegen Autorennens auch mit dem erhöhten Ermittlungsdruck der Behörden und einer höheren Anzahl von Anzeigen bis dato verdeckt gebliebener Taten zu erklären. Ob tatsächlich eine steigende Anzahl von Rennen vorliegt ist demnach aus den Zahlen nicht eindeutig abzulesen.

Festzustellen ist aus der Statistik noch:

Von den Ermittlungsverfahren wegen Autorennen sind ungefähr zu einem Drittel Rennen mit zwei oder mehr Teilnehmern, ein Drittel Alleinrennen und ein Drittel sogenannte Polizeifluchten.

In den meisten Fällen sind Tatmittel hochmotorisierte Fahrzeuge oder Krads.

3. Straßenrennen: das neue Gesetz

Der juristisch korrekte Terminus für illegale Autorennen ist „Verbotene Kraftfahrzeugrennen“, geregelt im neuen § 315d StGB.

Der neue Paragraph wurde, nach in der Öffentlichkeit und den Boulevardmedien zunehmend intensiv wahrgenommenen illegalen Autorennen, bei denen Unbeteiligte getötet oder schwer verletzt wurden, geschaffen.

Hierbei bewegten die Allgemeinheit vor allem schwerwiegende Unfälle nach Autorennen in Berlin und Köln, bei denen es zu eher mild empfundenen Urteilen kam. Die Ahndung als bloße Ordnungswidrigkeit wurde nicht mehr als ausreichend gesehen.

Bis dahin sah die bußgeldrechtliche Regelung lediglich 400 € Geldbuße und einen Monat Fahrverbot vor.

Initialzündung für das neue scharfe Gesetz dürfte die „Mutter aller Rennen“: der Berliner Kudamm-Raserfall gewesen sein, den wir hier im Folgenden noch genauer unter die Lupe nehmen.

Zielsetzung des neuen Strafgesetzes sollte ein entschlossenes Vorgehen gegen die „Raser-Szene“ sein.

Wollen Sie mehr über die Strafen für ein illegales Autorennen erfahren?
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Nach breiter Diskussion wurde im Juni 2017 im Bundestag der neue Paragraph eingeführt, der eine starke Strafverschärfung bedeutet.

Zudem wurden in einigen Großstädten Sonderkommissionen für Autorennen (Soko Rennen) bei der Polizei geschaffen, die seit dem in Zivilfahrzeugen Schwerpunktkontrollen an Brennpunkten für Autorennen durchführen.

Unserer Erfahrung nach, bringt die Soko Rennen derzeit in hohem Maße nicht nur eindeutige Fälle, sondern auch vermehrt zweifelhafte Grenzfälle zu bloßen Geschwindigkeitsüberschreitungen zur Anzeige.

Oft werden diese dann von der Staatsanwaltschaft trotzdem rigoros als illegale Autorennen eingestuft und – noch vor Ort – Führerscheine und Wagen oder Motorräder beschlagnahmt.

4. Welche Strafe droht beim illegalen Rennen?

Im Einzelnen:

Das Gesetz sieht im Falle eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens empfindliche Strafen vor.

Teilnehmern und Veranstaltern drohen:

  • eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahre
    oder
  • eine Geldstrafe

Werden dabei Leib oder Leben eines anderen Menschen oder Gegenstände von bedeutendem Wert gefährdet, hängt das Strafmaß davon ab, ob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt wird.

Zu rechnen ist bei fahrlässiger Begehung mit

  • einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren
    oder
  • einer Geldstrafe
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Fachanwalt für Verkehrsrecht Thomas Erven

„Beim Ersttäter sind Geldstrafen zwischen 60 und 90 Tagessätzen und ein Entzug der Fahrerlaubnis von 9 bis 12 Monaten üblich.“

„Es kommt aber auf den Einzelfall an: Länge der Fahrtstrecke, die gefahrene Geschwindigkeit, andere Verkehrsverstöße (zum Beispiel rote Ampel überfahren oder rechts überholen) und die Verkehrsdichte sind für das Strafmaß wichtige Kriterien “

Ob von nur einem Rennteilnehmer verursachte Gefahren auch dem anderen Rennteilnehmer zugerechnet werden können ist oft problematisch.

Wer vorsätzlich handelt, dem drohen

  • eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren
    oder
  • Geldstrafe

Wenn Menschen durch das Rennen getötet oder schwer verletzt werden, beträgt die

  • Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. (Mindeststrafe also ein Jahr Freiheitsstrafe!). In minder schweren Fällen mindestens 6 Monate Freiheitsstrafe

Hier wurde eine enorme Strafverschärfung vorgenommen. War früher bei Tötung eines Menschen beim Autorennen und fehlendem Nachweis des Vorsatzes lediglich eine Freiheitsstrafe von 5 Jahre möglich, so ist heute eine Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren möglich; auch wenn kein Vorsatz zur Tötung eines anderen Verkehrsteilnehmers nachgewiesen werden kann.

5. Welche Konsequenzen hat ein Rennen noch?

Teilnehmer oder Veranstalter müssen sich nicht nur auf eine strafrechtliche Verurteilung vorbereiten. Zusätzlich kann

  • der Führerschein des Beschuldigten bereits vor dem Prozess vorläufig eingezogen werden
  • die Fahrerlaubnis entzogen werden
  • nach § 69 a StGB eine Sperre zur Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis angeordnet werden. Die für den auf ein Fahrzeug angewiesenen oft problematische Sperre dauert mindestens sechs Monate bis zu fünf Jahren. In Extremfällen gilt die Sperre für immer. Das Mindestmaß der Sperre dauert ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits eine Sperre verhängt wurde. Nach der Ergänzung des Gesetzestextes des § 69 StGB gilt nun auch der Täter eines illegalen Autorennens in der Regel als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs und die vorgenannte Sperre wird grundsätzlich immer verhängt.
  • in minder schweren Fällen ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat bis zu sechs Monaten verhängt werden
  • das Fahrzeug, welches beim verbotenen Autorennen benutzt wurde, nach § 315 f StGB eingezogen und das Eigentum entzogen werden, was meist von den Betroffenen als besonders „hart“ empfunden wird. Dabei ist für viele überraschend, dass nunmehr sogar Fahrzeuge eingezogen werden können, die nicht dem Rennteilnehmer selbst gehören! Letztlich kann also auch fremdes Eigentum entzogen werden. Nach unserer Erfahrung wird von der zumindest vorläufigen Einziehung des Fahrzeugs „zur Zerschlagung der Rennszene“ regelmäßig Gebrauch gemacht!

Fragen? Rufen Sie uns an: 0221 / 301 403 44

5.1 Zahlt die Versicherung bei illegalen Autorennen?

Werden Unfällen durch grob fahrlässiges Verhalten verursacht, müssen Kaskoversicherer regelmäßig nicht leisten. Per Definition liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn in besonderer Weise die Straßenverkehrsregeln verletzt werden, die gebotene Sorgfalt in hohem Maße außer Acht gelassen wird oder nicht beachtet wird.

Haben Sie weitere versicherungsrechtliche Fragen zum Thema illegales Autorennen?
Haben Sie weitere versicherungsrechtliche Fragen zum Thema illegales Autorennen? Schreiben Sie uns eine Mail an erven@kanzlei-erven.de.

Bei einem illegalen Autorennen wird oft von grober Fahrlässigkeit auszugehen sein. Der Täter eines illegalen Autorennens wird also auf seinem Schaden (beschädigten oder zerstörtem Fahrzeug) „sitzen bleiben“.

Andere unbeteiligte Geschädigte (zum Beispiel Fahrzeuge mit denen zusammengestoßen wurde und die nicht am illegalen Rennen teilgenommen haben) bekommen Schadensersatzleistungen aus der Kfz-Haftpflichtversicherung des Rennteilnehmers.

Da der versicherte Verursacher sich jedoch durch Teilnahme am Rennen „versicherungswidrig“ verhalten hat, wird die Haftpflicht regelmäßig versuchen, ihn in Regress zu nehmen.

Das heißt, der Rennteilnehmer muss den entstandenen Schaden bis zu bestimmten Höchstgrenzen zurückzahlen.

Beides kann zum finanziellen Ruin führen.

Kostenloses Erstgespräch!

Terminvereinbarung unter: 0221 / 301 403 44

6. Was ist ein illegales Autorennen?

Nach dem Gesetzestext des Rennparagraphen § 315 d StGB ist strafbar:

Wer im Straßenverkehr

  1. ein nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen ausrichtet oder durchführt,
  2. als Kraftfahrzeugführer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen teilnimmt oder
  3. sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.“

Es sind also 3 Tatmodalitäten zu unterscheiden:

1. das Ausrichten und Durchführen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens.

Das Ausrichten eines Rennens („Veranstalter“) spielt bei den Ermittlungsverfahren der Polizei fast keine Rolle.

Beim Durchführen eines Rennens wird die Beteiligung von anderen als den teilnehmenden Kraftfahrzeugführern unter Strafe gestellt (zum Beispiel Streckenposten, Zeitnahme, Startsignal, Markieren der Ziellinie). Auch diese Variante ist in der Praxis weitgehend unbedeutend.

2. Äußert relevant und die meist vorgeworfene Variante ist die Nr.2 im Gesetzestext: die „klassische“ Teilnahme am Rennen mit mehreren Teilnehmern.

3. Ebenfalls relevant ist die äußerst umstrittene Variante in Nr. 3 im Gesetzestext: das sogenannte Alleinrennen („Rennen gegen sich selbst“)

6.1 Rennen mit mehreren Teilnehmern, §315 d Abs. 1 Nr. 2 StGB

Was ist ein Rennen?

Zum Begriff des Rennens wurde im Gesetzgebungsverfahren auf die zur Vorgängerregelung des § 29 Abs. 1 StVO aF ergangene Rechtsprechung verwiesen:

Illegales Autorennen mit mehreren Teilnehmern
Brauchen Sie Hilfe wegen einem illegalen Autorennen? Rufen Sie uns an unter 0221 30140344. Wir beraten Sie!

"Ein Rennen ist ein Wettbewerb oder Wettbewerbsteil zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten oder höchsten Durchschnittsgeschwindigkeiten mit Kraftfahrzeugen, bei denen zwischen mindestens zwei Teilnehmern ein Sieger durch Erzielung einer möglichst hohen Geschwindigkeit ermittelt wird."

An dieser Definition halten sich Strafverfolgungsbehörden und Gerichte als Richtschnur nebst dazu ergangener Rechtsprechung:

Entweder

  • man fährt eine längere Strecke gegeneinander

oder

  • ein "Sprintrennen": die Fahrer liefern sich eine Beschleunigungsjagd nur auf einer kurzen Distanz, zum Beispiel von Ampel zu Ampel (keine feste Mindestlänge)

Auf einen gemeinsamen Start kommt es nicht an.

Es bedarf zuvor keiner ausdrücklichen Absprache („wildes Rennen“). Es reicht auch eine konkludente (schlüssige) Einigung zum Beispiel durch wechselseitig provozierendes Fahren. Jedoch reicht nicht aus – was oft vergessen wird-, wenn zwei Autofahrer unabhängig voneinander, aber parallel ein Rennen fahren; dies kann allerdings jeweils ein sogenanntes Alleinrennen darstellen, welches jedoch schwieriger nachzuweisen ist.

Es soll nach einzelnen gerichtlichen Entscheidungen nicht auf die technisch machbare Höchstgeschwindigkeit der Fahrzeuge ankommen. Der Vergleich der wechselseitigen Beschleunigungspotentiale der Fahrzeuge durch die Rennteilnehmer soll ausreichen.

Zusammenfassung:

Das wechselseitige Streben nach höherer Geschwindigkeit oder Beschleunigung soll maßgeblich für ein Rennen sein. Bestimmender Faktor für die Annahme eines Rennens soll das Wetteifern nach Geschwindigkeit sein. Es kommt nicht auf die technisch machbare Höchstgeschwindigkeit, die Länge der Strecke, die Art des Starts oder ein festes Ziel an.

Diverse zum Rennen ergangene Urteile sind umstritten:

Radierende Reifen oder lautstarke Motorengeräusche beim Start allein sind nach einer Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 06.04.2017  nicht ausreichend, sondern können bloßes Imponiergehabe darstellen. Andere Entscheidungen sehen auch dies als Kriterium für ein Rennen. Eine bloße „Poserfahrt“ soll nach einem Beschluss des Oberlandesgericht Hamburg vom 05.07.2019 nicht ausreichen.

Zum Teil wird kritisiert der Rennbegriff sei unbestimmt und der Bürger könne nicht erkennen was strafbar sei. Dem haben sich die Rechtsprechung beim Rennen von zwei oder mehr Teilnehmern aber nicht angeschlossen.

Exkurs: Was ist Geschwindigkeit?

Besonders wichtig ist im Vorwurf des illegalen Autorennens die vorgeworfene Geschwindigkeit und die zurückgelegte Wegstrecke zu ermitteln. Wie geschieht dies rechnerisch?

Technisch ist Geschwindigkeit (v) die Wegstrecke (s), die in einer bestimmten Zeit (t) zurückgelegt wird. Die Formel hierfür lautet: v=s/t

Die Geschwindigkeit wird in Kilometer pro Stunde (km/h) oder Meter pro Sekunde (m/s) berechnet.

Wer die gefahrene Geschwindigkeit, die vom Tacho in km/h angezeigt wird, in Meter pro Sekunde (m/s) umrechnen will muss durch 3,6 teilen.

Daraus folgt
10 km/h = 2,78 m/s
30 km/h = 8,33 m/s
50 km/h = 13,9 m/s
100 km/h = 27,8 m/s
120 km/h = 33,3 m/s
150 km/h = 41,6 m/s
170 km/h = 47,2 m/s
200 km/h = 55,5 m/s

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Tachogeschwindigkeit in der Regel ca. 4 km/h höher als die tatsächliche Geschwindigkeit angezeigt wird.

Beschleunigung ist die Veränderung der Geschwindigkeit. Die Beschleunigung gibt an um wieviel sich die Geschwindigkeit in jeder Sekunde verändert.

6.1.1 Wie kommen Rennen in der Praxis vor?

Im Straßenverkehr werden drei Versionen des Rennens beobachtet:

  1. das klassische „Stechen“: Nach dem Ampelstart wird unmittelbar um die Wette gefahren.
  2. das „Aufstauen“: Mehrere Fahrzeugführer verlangsamen während der Fahrt gemeinsam um den nachfolgenden Verkehr aufzustauen (oft mit eingeschaltetem Warnblinklicht) bis freie Fahrt voraus vorliegt und sodann wird bei gemeinsamem Zeichen in das Rennen gestartet.
  3. das „sukzessive Rennen“: Zunächst fahren die Beteiligten unabhängig voneinander und entschließen sich dann zum Rennen durch wiederholtes Beschleunigen und Abbremsen sowie dem Versuch des gegenseitigen Überholens bzw. dessen Verhinderung.

6.1.2 Welche Indizien für ein Rennen entscheiden vor Gericht?

Die Ermittlungsbehörden und das Gericht in der Verhandlung versuchen die Tat anhand bestimmter Indizien nachzuweisen:

  • Verständigung unter den Rennteilnehmern (Handzeichen oder verbal)
  • Vor- und Zurücksetzen an der Haltelinie
  • aufheulende Motoren im Leerlauf
  • quietschende/qualmende Reifen beim Start ggf. mit Rauchentwicklung („BurnOuts“)
  • gleichzeitige Geschwindigkeitsaufnahme und ggf. Verringerung
  • Ausbrechendes Fahrzeugheck bei Fahrzeugen mit Heckantrieb
  • Zeitverzögerter Start bei „grün“
  • Geschwindigkeit und Beschleunigung
  • Abstandsentwicklung zum nachfolgenden Verkehr und untereinander
  • Positionswechsel
  • Fahrspurwechsel
  • Warnblinkanlage
  • u.a.

Kernfrage ist: Liegt ein wechselseitig wettstreitförderndes Fahrverhalten vor?

Zusätzlich spielt oft für das Gericht eine Rolle, ob mit renntypischen Fahrzeugen (hochmotorisierten oder getunten Fahrzeugen) gefahren wird, an szenebekannten Orten gefahren wird oder gar Publikum vorhanden ist.

6.1.3 Wie wird versucht ein Rennen nachzuweisen?

Der Vorwurf des Rennens kommt oft durch Anzeigen von Polizeibeamten in Gang, die aus einem Einsatzfahrzeug heraus ein Rennen beobachtet haben wollen.

Aber auch Zeugenaussagen von anderen Verkehrsteilnehmern oder Passanten können entscheidend sein. Diese werden dann in der Gerichtsverhandlung vernommen.

Auch die technischen Möglichkeiten zum Nachweis eines Rennens gehen immer weiter;

Selbst ohne einen Unfall nach einem Rennen haben die Ermittlungsbehörden zahlreiche Ermittlungsansätze aus denen Rückschlüsse auf ein Rennen möglich sein können:

  • Videonachfahrt mit dem Einsatzfahrzeug (ProViDa, ViDistA)
  • Dash-Cams im Einsatzfahrzeug (Onbord-Video)
  • Videoüberwachung an oder in Häusern am Tatort
  • Videoüberwachung an Kreuzungen auf der Rennstrecke
  • Auslesen von Radarmessgeräten auf der Rennstrecke
  • Auslesen der Fahrzeugdaten in Täterfahrzeugen abhängig von Fahrzeugtyp und Baujahr. Elektronische Steuerungsgeräte im Fahrzeug speichern die Fahrzeugdaten (Geschwindigkeit, Beschleunigung, Stand des Lenkrads, Betätigung von Brems- und Gaspedal).
  • Auslesen von Geopositionsdaten (Navigationsgeräte, Carsharing, TESLA) aus Täterfahrzeug, je nach Hersteller aus den auf die zurückgelegte Strecke, die Geschwindigkeiten, die Dauer der Fahrt, den Modi des Automatikgetriebes etc. geschlossen werden kann
  • Auslesen einer Dash-Cam im Täterfahrzeug
  • Auslesen der Handys der Täter zum Nachweis einer Absprache zum Rennen; aber auch zum Nachweis der Geschwindigkeiten durch das jeweilige Einloggen in Funkzellen

Bei einem Unfall nach einem Rennen zusätzlich:

  • Ein Nachweis durch ausgelesene Fahrzeugdaten in den Täterfahrzeugen kann der Ermittlungsbehörde oft Erkenntnisse für ein Rennen bringen. Kam es zu einem Unfall wird bereits heute bei Fahrzeugen ab Baujahr 2014 empfohlen die Daten im EDR (Event Data Recorder im Airbag-Steuergerät) auszulesen. Aus dem EDR können Unfallanalytiker, Fahrzeughersteller und Systemhersteller den Verlauf der Geschwindigkeit, die Gaspedalstellung und Bremsbetätigung über die letzten 5 Sekunden vor Airbag-Auslösung rekonstruieren.
  • Auswertung der Spuren auf der Fahrbahn
Der "gläserne Autofahrer"

Durch die EU-Verordnung 2019/2144 sind Unfalldatenspeicher und Fahrerüberwachungssysteme (Müdigkeitserkennung, Aufmerksamkeitsüberwachung und Ablenkungserkennung) ab 06.07.2022 für alle in der EU zugelassene Fahrzeuge verpflichtend.

Zunehmend wird hierdurch das Auto zum Belastungszeugen gegen den eigenen Fahrer.

6.1.4 Was können wir als Anwalt gegen die Annahme eines Rennens vorbringen?

Wir werden alle Indizien im Einzelnen genau prüfen:

Zunächst stellt sich die Frage, ob die Indizien auf Aussagen von beobachtenden Polizeibeamten oder Dritten (Passanten, anderen Verkehrsteilnehmern) fußen.

Bei Aussagen von Polizeibeamten muss dem erheblichen Vertrauensvorschuss den Polizisten in der Regel beim Gericht haben durch genaues Nachfragen begegnet werden.

Die Aussagen von Zeugen sind auf ihre Glaubhaftigkeit hin genau zu hinterfragen.

Hierbei ist auch ein Augenmerk darauf zu legen, inwiefern tatsächlich Beobachtungen vom Standort der Zeugen möglich war. Dies kann insbesondere bei Beobachtungen von Polizisten aus Einsatzfahrzeugen heraus aufgrund der Entfernung des Fahrzeugs, eigener Fortbewegung und weiterem Verkehr in Zweifel gezogen werden.

Bloße Geschwindigkeitsschätzungen sind oft fehlerhaft und mit hohen Toleranzabzügen zu versehen.

Liegen Videoaufnahmen oder Fahrzeugdaten vor ist auch hier zu schauen, inwiefern diese aufgrund ihrer Qualität und des Inhalts Rückschlüsse auf Indizien eines Rennens zulassen und ob sich datenschutzrechtliche Bedenken ergeben können.

Letztlich kann in Frage gestellt werden, ob die vorliegenden Indizien wie zum Beispiel im Fall eines zu schnellen Hinterherfahrens unter Missachtung der zulässigen Geschwindigkeit die äußeren Anhaltspunkte für ein zwischen den Fahrzeugen ausgetragenen Wettbewerb und damit ein Rennen erfüllen.

6.1.5 Aktuelle Rechtsprechung des Oberlandesgericht Köln

Das Oberlandesgericht Köln hat erneut in einer aktuellen Entscheidung vom 05.05.2020 (1 RVs 40 u. 42/20) zum verbotenen Kraftfahrzeugrennen entschieden.

Aktuelle Entscheidung des Oberlandesgericht Köln

Der Angeklagte war in der Tatnacht mit seinem Pkw Audi S3 Sportback in Aachen unterwegs. Auf der linken Nebenspur befand sich ein Pkw ähnlicher Größe. Nach einem Abbiegevorgang war der Angeklagte und der Nebenmann zunächst mit angepasster Geschwindigkeit bei zulässigen 50 km/h gefahren.

Sodann sollen nach konkludenter Absprache die Fahrzeuge auf einer Strecke von 700 Metern erheblich beschleunigt worden sein, um festzustellen, welches Fahrzeug besser beschleunige. Ein hinter den Fahrzeugen fahrender mit 3 Polizisten besetzter Streifenwagen fuhr auf der ansteigend geradeaus verlaufenden Straße mit einigem sich vergrößerndem Abstand und einer Geschwindigkeit von mindestens 130 km/h hinterher.

Die Polizisten wollen das Geschehen beobachtet haben.

Das Landgericht Aachen hatte zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt, ein sechsmonatiges Fahrverbot ausgesprochen (die Fahrerlaubnis war zuvor schon vorläufig entzogen worden) und die Einziehung des benutzten Fahrzeugs vorbehalten.

Unter dem in § 315 d Abs. 1 Ziff. 1 und 2 StGB sanktionierten Rennen sei nach dem OLG Köln ein Wettbewerb oder Teil eines Wettbewerbs zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten mit Pkw zu verstehen bei denen entweder zwischen mindestens zwei Teilnehmern ein Sieger durch Erzielung einer möglichst hohen Geschwindigkeit ermittelt werde oder aber der Versuch des Erreichens der Höchstgeschwindigkeit der gegenseitigen Leistungsprüfung diene, ohne dass die Teilnehmer miteinander im Wettbewerb stünden.

Das OLG Köln hielt es für keinen Rechtsfehler, dass das Landgericht im konkreten Fall dabei von einer Geschwindigkeit „um die 130 km/h“ ausgegangen sei ohne hierbei die bei Bußgeldverfahren üblichen Abschläge beim Nachfahren zu machen, da die Grundsätze des Bußgeldverfahrens beim vorgenannten Rennbegriff nicht gelten würden.

Allerdings dürfe die erhebliche Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht zusätzlich strafschärfend verwertet werden (Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot).

Andererseits sei die vorbehaltene Einziehung des Fahrzeugs auch nicht strafmildernd bei der Anzahl der Tagessätze zu berücksichtigen, da beim Vorbehalt der Einziehung mit der Auflage das Fahrzeug zu verkaufen die Wirkung der Einziehung auf den Angeklagten nur eingeschränkt eintrete.

In der Regel sei der Täter eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens gemäß § 69 Abs. 2 Ziff. 1a StGB als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen und deshalb die Entziehung der Fahrerlaubnis (6 Monate bis 5 Jahre) gerechtfertigt und nicht ein bloßes Fahrverbot.

Zur Wiederlegung der Vermutung müssten besondere Umstände vorliegen, die eine mangelnde Eignung jedenfalls im Zeitpunkt der Aburteilung ausschließen würden. Im Einzelfall könne die Ungeeignetheit aber nicht festgestellt werden, wenn der Angeklagte erfolgreich an einem Fahreignungsseminar oder an einer Verkehrstherapie teilgenommen habe.

Das wäre vor allem dann der Fall, wenn eine längere vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis oder weitere Umstände (ggf.: längere beanstandungsfreie Fahrt nach der Tat, fehlende Eintragungen im Fahreignungsregister…) hinzukommen würden und im konkreten Fall auch den Wegfall des Eignungsmangels nahelegen würden.

Die Urteilsgründe seien lückenhaft, da nicht klar sei, wer die Kurse angeboten habe, welchen Inhalt und welche Wirkungen sie auf den Angeklagten gehabt hätten.

Das Urteil des Landgerichts Aachen wurde vom OLG Köln aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Aachen zurückverwiesen.

Die Entscheidung des OLG Köln ist insbesondere deshalb interessant, da es eine der ersten Entscheidungen ist, die den Rechtsfolgenausspruch (Höhe der Geldstrafe/Freiheitsstrafe, Entziehung Fahrerlaubnis / Fahrverbot und Vorbehalt der Einziehung der Fahrerlaubnis) näher in den Fokus nimmt.

6.2 Alleinrennen ("Rennen gegen sich selbst")

Eine weitere Variante des Rennens ist der äußerst umstrittene "Einzelraser".

Hier fehlt es, anders als beim Rennen mit zwei oder mehr Teilnehmern, an der Gruppendynamik und Ablenkung durch andere Kontrahenten.

Ein Rennen fährt aber gemäß § 315 d Absatz 1 Nr. 3 StGB auch derjenige, der als sogenannter “Alleinraser” die Straßen unsicher macht.

Illegales Autorennen Alleinrennen
Weitere Informationen zum Thema illegales Autorennen und Alleinrennen finden Sie auf unserer Webseite: https://www.kanzlei-erven.de/.

Bewegt sich nach dem Gesetzestext ein Fahrer mit nicht angepasster Geschwindigkeit, grob verkehrswidrig und rücksichtslos fort, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, droht ihm deswegen ebenfalls eine Strafe.

Der Gesetzgeber wollte auch sogar lediglich rennähnliches Verhalten („rücksichtsloses Schnellfahren“) unter Strafe stellen. Bestraft werden soll hiermit, wer ein Rennen als Einzelner nachstellt und nicht im Wettbewerb mit einem anderen fährt.

6.2.1 Welche Merkmale müssen für ein Alleinrennen vorliegen?

Der Fahrer muss mit nicht angepasster Geschwindigkeit gefahren sein.

Hierbei hat der Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet - anders als beim Schweizer Vorbild - auf Basis der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine bestimmte Überschreitung festzulegen bei der eine Strafbarkeit des „Alleinrasers“ vorliegt. Die Geschwindigkeit muss bei der deutschen Regelung nach § 3 Abs. 1 StVO so gewählt sein, dass das Fahrzeug unter den konkreten Bedingungen ständig beherrscht wird. Unter einer nicht angepassten Geschwindigkeit ist eine den Straßenverhältnissen, Sichtverhältnissen und Wetterverhältnissen nicht entsprechende Geschwindigkeit gemeint.

Auch die persönlichen Fähigkeiten des Fahrers und die Eigenschaften des Fahrzeugs und dessen Beladung sind zu berücksichtigen.

Eine Geschwindigkeitsüberschreitung spricht für eine nicht angepasste Geschwindigkeit; kann aber alleine nicht ausreichend sein, wenn das Fahrzeug trotzdem sicher beherrscht wird.

Nach § 3 Abs. 1 StVO gilt jedoch: Beträgt bei Schnee, Nebel oder Regen die Sicht unter 50 Metern, darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht sogar eine geringere Geschwindigkeit angemessen ist.

Es darf zudem nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der übersehbaren Strecke gehalten werden darf. Auf schmalen Fahrbahnen auf denen entgegen kommende Fahrzeuge gefährdet werden könnten, muss so langsam gefahren werden, dass innerhalb der Hälfte der übersehbaren Strecke gehalten werden kann.

Bei Kindern, hilfebedürftigen oder älteren Menschen muss die Fahrgeschwindigkeit verringert werden und Bremsbereitschaft bestehen.

Der Fahrer muss grob verkehrswidrig gefahren sein (objektive Seite).

Grob verkehrswidrig handelt, wer besonders schwer gegen Verkehrsvorschriften und die Verkehrssicherheit verstößt. Ein besonders schwerwiegendes Abweichen vom normalen pflichtgemäßen Verkehrsverhalten muss dafür nachgewiesen werden.

Beispiele: Überschreiten der Geschwindigkeit um das Doppelte, Rote Ampel überfahren, rechts überholen, zu schnelles Heranfahren an Fußgängerüberweg, überholen in unübersichtlicher Kurve.

Der Fahrer muss rücksichtslos gehandelt haben (subjektive Seite).

Dies definiert man wie folgt: „wer sich aus eigensüchtigen Gründen bewusst über seine Pflichten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern hinwegsetzt oder sich aus Gleichgültigkeit nicht auf seine Pflichten als Fahrzeugführer besinnt und unbekümmert um die Folgen seines Verhaltens drauflosfährt.“

Beispiele: Rennen auf belebter Straße, springendes Überholen, Überholen in unübersichtlicher Kurve, Überholen einer Kolonne mit Einscheren bei zu geringem Abstand.

Sieht sich der Fahrer von Personen verfolgt, die ihn vermeintlich körperlich attackieren und hält diese für potentielle Angreifer (zum Beispiel Polizeibeamten in Zivilfahrzeugen) ist das Merkmal der Rücksichtslosigkeit besonders zu prüfen.

Der Fahrer muss gefahren sein, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen („Raserabsicht“).

Durch das neue subjektive Merkmal „um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“ wird der Vorwurf zum sogenannten Absichtsdelikt.

Der Tatbestand des Alleinrasers ist erst sehr spät im Gesetzgebungsverfahren in das Gesetz gelangt und wird als Schnellschuss kritisiert, da der Nachweis der „Raserabsicht“ nur schwer zu erbringen ist.

Dies schon deshalb, da die Ermittlungsbehörde dem Täter zum Nachweis der "Raserabsicht" zur Tatzeit quasi in den Kopf schauen muss.

Es ist zudem beim Rennen gegen sich selbst aus dem Gesetzestext undeutlich, wann jemand konkret nach objektiven Kriterien fährt, „um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“.

Hier ist fraglich, ob der Renncharakter mit der früheren Rechtsprechung erst vorliegt, wenn der Fahrer sein Fahrzeug bis an die technischen und physikalischen Grenzen ausfährt (Privilegierung hochmotorisierter Fahrzeuge) oder aber nach neuerer Rechtsprechung „in einer Gesamtschau der fahrzeugspezifischen Beschleunigung bzw. Höchstgeschwindigkeit, des subjektiven Geschwindigkeitsempfindens, der Verkehrslage und der Witterungsbedigungen“ auf die situationsbedingte und nicht auf die technisch machbare Höchstgeschwindigkeit abzustellen ist.

Deshalb wird die Regelung zum Teil für unbestimmt und damit verfassungswidrig gehalten.

6.2.2 Regelung verfassungswidrig?

Vorlage zum Bundesverfassungsgericht

Das Amtsgericht Villingen-Schwenningen hat am 16.01.2020 ein Strafverfahren bei einem Rennen gegen sich selbst ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung darüber vorgelegt, ob die Regelung des § 315 d Abs. Absatz 1 Nr. 3 StGB (Alleinrennen) unbestimmt und damit verfassungswidrig ist.

Gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot für Strafnormen werde durch diese Regelung verstoßen, da die Norm nicht für jedermann signalisiere, welches Handeln konkret strafbar ein soll und insbesondere unter welchen Voraussetzungen eine Geschwindigkeitsüberschreitung die Schwelle strafbaren Handelns überschreitet.

Die anstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird spannend!

6.2.3 Aktuelle Entscheidung des OLG Köln

Entscheidung des OLG Köln

In einer neuen Entscheidung vom 05.05.2020 hat nun das OLG Köln die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmtheit des § 315 d Abs. Absatz 1 Nr. 3 StGB (Alleinrennen) weggewischt und sich einer anderen aktuellen Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 20.12.2019 angeschlossen.

Eines Renngegners oder Wettbewerbs würde es wie in den anderen Tatbestandsalternativen gerade nicht benötigen.

Um dem Erfordernis des Renncharakters zu genügen sei aber eine einschränkende Auslegung erforderlich, die erfordere, dass der Täter die Absicht gehabt haben müsse, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Hierbei sei auf die relativ höchstmöglich erzielbare Geschwindigkeit abzustellen.

Diese ergebe sich aus der Zusammenschau der fahrzeugspezifischen Beschleunigung bzw. Höchstgeschwindigkeit, des subjektiven Geschwindigkeitsempfindens, der Verkehrslage und der Witterungsbedingungen oder der Ziele und Beweggründe der Geschwindigkeitsübertretung. Es sei nicht erforderlich, dass der Täter die Leistungsfähigkeit des Autos vollständig ausreize.

Die Absicht eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erzielen müsse auch nicht Haupt- oder Alleinbeweggrund gewesen sein.

Letztlich wird man sehen, ob sich das OLG Köln im Anschluss an das Kammergericht, welche die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht nicht abwarteten, mit diesen subjektiven Kriterien durchsetzen werden.

Oft erleben wir, dass sich erstinstanzliche Richter aus der Affäre ziehen in dem Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben werden. Mit dem Gutachten soll dann geklärt werden, welche Geschwindigkeit relativ höchstmöglich unter den Gegebenheiten möglich waren.

Zudem weist aber auch das OLG Köln einschränkend darauf hin, dass bloße Geschwindigkeitsüberschreitungen gerade nicht von diesem Paragrafen erfasst seien. Tatbestandsrelevant seien ausdrücklich nur solche Handlungen die objektiv und subjektiv aus der Menge der bußgeldbelegten Geschwindigkeitsverstößen herausragen würden.

Schon im Gesetzgebungsverfahren war darauf hingewiesen worden, dass bloße selbst erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht von der Strafbarkeit umfasst werden sollten.

6.2.4 Absolute oder relative Höchstgeschwindigkeit?

Mit Beschluss vom 17.02.2021 hatte der Bundesgerichtshof erstmals Gelegenheit sich zu Kriterien und Leitlinien des kontrovers diskutierten neu geschaffenen Alleinrennens in § 315 d Absatz 1 Nr. 3 StGB zu äußern.

Erste Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Alleinrennen

Was war der Ausgangsfall?

Der zur Tatzeit 20jährige Angeklagte war mit einem 550 PS starken Fahrzeug in der Innenstadt von Stuttgart auf einer Vielzahl von Fahrten mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs gewesen. Er selbst oder die Fahrt begleitende Personen hatten die Fahrten mit dem Handy gefilmt und online gestellt.

Auf einer innerstädtischen Straße fuhr er gegen Mitternacht stadteinwärts in einer unübersichtlichen langgezogenen Rechtskurve mit maximaler Beschleunigung. Bei mindestens 163 km/h erkannte er ein ca. 100 Meter vor ihm entgegenkommendes nach links abbiegendes Fahrzeug, welches seine Fahrbahn kreuzte.

Er leitete ein Ausweichmanöver ein und verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug. Dabei raste er über einen an der Fahrbahn befindlichen Grünstreifen und prallte mit mindestens 90 km/h frontal in die Beifahrerseite eines in einer Parkplatzausfahrt stehenden Kleinwagens. Die Insassen dieses Fahrzeugs erlitten schwerste Verletzungen und verstarben am Unfallort.

Das Landgericht Stuttgart hatte wegen verbotenem Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge („Alleinrennen“) und Gefährdung des Straßenverkehrs eine Jugendstrafe von 4 Jahren ausgeurteilt und für vier Jahre die Fahrerlaubnis entzogen. Eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts war vom Landgericht abgelehnt worden.

Der Bundesgerichtshof hielt die Entscheidung des Landgerichts vom Tötungsvorsatz abzusehen, da das Wollenselement des Vorsatzes nicht gegeben sei, für nachvollziehbar.

Das Landgericht hatte den Tötungsvorsatz nicht angenommen, da der Angeklagte darauf vertraut habe das Fahrzeug in gefährlichen Situationen auch bei hohen Geschwindigkeiten jederzeit beherrschen zu können.

Hinsichtlich der Grenzen des sogenannten Alleinrennens äußerte sich der Bundesgerichtshof erstmals!

Der Gesetzgeber habe mit dieser Strafvorschrift auch Fälle des schnellen Fahrens mit einem einzigen Fahrzeug erfassen wollen, die über andere alltägliche Fälle auch erheblicher Geschwindigkeitsverstöße hinausragen, weil der Täter objektiv und subjektiv ein Kraftfahrzeugrennen nachstelle.

Objektiv sei ein Sich-Fortbewegen mit nicht angepasster Geschwindigkeit erforderlich.

Hierunter sei jede der konkreten Verkehrssituation nach den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften nicht entsprechende Geschwindigkeit zu verstehen. Gerade die Fortbewegung des Täters mit nicht angepasster Geschwindigkeit müsse sich zudem als grob verkehrswidrig und rücksichtslos darstellen. Die grobe Verkehrswidrigkeit könne sich schon aus der Höhe der überschrittenen Geschwindigkeit oder anderen Verkehrsverstößen ergeben.

Wichtig sind folgende Feststellungen des Bundesgerichtshofs:

Notwendig sei weiter die Absicht eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Diesem höchst umstrittenen Tatbestandsmerkmal komme die Aufgabe zu, den für das Nachstellen eines Rennens notwendigen Renncharakter zu kennzeichnen und von auch erheblichen Geschwindigkeitsbeschränkungen abzugrenzen.

Die Bedenken gegen die Bestimmtheit der Norm und deren Verfassungsgemäßheit teilt der Bundesgerichtshof nicht, denn durch Auslegung sei die Bestimmtheit der Norm gegeben: Die Absicht des Täters müsse darauf gerichtet sein, die unter den in der konkreten Situation wie Motorisierung, Verkehrslage, Streckenverlauf, Witterungs- und Sichtverhältnisse etc. maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen.

Eine Beschleunigung bis zur „relativen Grenzgeschwindigkeit“ reiche aus. Die Absicht müsse auch nicht Endziel oder Hauptbewegungsgrund des Handelns sein. Außerdem sei aber eine nicht ganz unerhebliche Wegstrecke zu verlangen.

Weitere Einschränkungen bei der Auslegung dieses umstrittenen Tatbestandsmerkmals seien aber nicht erforderlich.

Ausgehend von diesen Kriterien hält der Bundesgerichtshof die Verurteilung des Landgerichts wegen des Alleinrennens für richtig.

Der Angeklagte sei mit 163 km/h und damit mit unangepasster Geschwindigkeit gefahren. Angesichts der innerorts zulässigen 50 km/h und der massiven Geschwindigkeitsüberschreitung stelle sich dies als grob verkehrswidrig dar.

Nach den Urteilsgründen habe der Angeklagte auch unter bewusster Hinwegsetzung über die berechtigten Belange anderer Verkehrsteilnehmer rücksichtslos gehandelt.

Die unter maximaler Beschleunigung unternommene Fahrt des Angeklagten sei von der Absicht getragen gewesen nach seiner Vorstellung über eine längere Fahrtstrecke die unter den konkreten Bedingungen höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Die Schlußfolgerungen des Tatrichters, die auch auf den im Crashdatenspeicher des Tatfahrzeugs hinterlegten Geschwindigkeit und der Benutzung des Gaspedals beruhten, würden keinen Rechtsfehler erkennen lassen.

Aus diesem Urteil lässt sich nunmehr die klare Tendenz erkennen auch Alleinrennen in bestimmten Grenzen (restriktive Auslegung) abzuurteilen.

Der Bundesgerichtshof stellt auf die relative Höchstgeschwindigkeit im Sinne einer situationsbedingten Betrachtungsweise ab.

Allerdings verlangen die Bundesrichter eine Raserabsicht, die sich auf eine "nicht ganz unerhebliche Wegstrecke" bezieht.

Wie lange dies sein soll, wir aber nicht klargestellt, wodurch sich die nächste Streitfrage abzeichnet.

Wichtig ist bei der Verteidigung des Alleinrennens durch einen versierten Anwalt dem Gericht die Grenzziehung des Gesetzgebers des Rennens zur bloßen erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung deutlich zu machen, denn sehr schnell wird ansonsten durch juristisch nicht ausreichend geschulte Polizeibeamten eine Geschwindigkeitsüberschreitung falsch zum Rennen hochgestuft und durch das erkennende Gericht als Straßenrennen durchgewunken, mit erheblichen Konsequenzen für den Beschuldigten.

6.2.5 Welche Indizien für ein Alleinrennen entscheiden vor Gericht?

Zum Nachweis der "Raserabsicht" (Absicht situationsbedingt eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen) werden durch die Ermittlungsbehörden und das Gericht folgende Faktoren herangezogen:

  • Motorisierung der Fahrzeuge
  • Beschleunigungsvermögen
  • Sogenannte Motorelastizität
  • Konkrete Verkehrssituation
  • Örtlichkeit
  • Fahrverhalten in Kurven
  • Witterungsverhältnisse
  • Sichtverhältnisse
  • Straßenverhältnisse
  • etc.

6.2.6 Was können wir als Anwalt gegen ein Alleinrennen vorbringen?

Auch hier muss die Verteidigung alle Indizien wie beim klassischen Rennen zwischen zwei oder mehr Teilnehmern im Einzelnen genau prüfen und hinterfragen.

Für das Gericht wird der Nachweis der „Raserabsicht“ insbesondere dann schwierig,

  • wenn der Mandant schweigt
  • wenn der Mandant äußert, keine Absicht gehabt zu haben ein Rennen zu fahren
  • wenn der Mandant vorgibt, dass er wesentlich schneller hätte fahren können.

Oft wird man dann nur mit einem Sachverständigengutachten klären können, ob Raserabsicht vorlag (insbesondere wenn der Beschuldigte die Raserabsicht bestreitet) und im sogenannten Geschwindigkeitsgrenzbereich gefahren wurde.

Der Gutachter bestimmt dann das konkrete relativ mögliche Geschwindigkeitsmaximum.

War dann inbesondere im Kurvenbereich eine höhere Geschwindigkeit ohne absehbaren Kontrollverlust im fahrphysikalischen Grenzbereich möglich besteht keine Raserabsicht.

Auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens kann die Verteidigung durch einen entsprechenden Beweisantrag hinwirken.

Hat das Gericht schon Zweifel an der Raserabsicht wird man ein entsprechendes Gutachten als Verteidiger vermeiden wollen.

Geht das Gutachten nicht im Sinne der Verteidigung aus, weil der Mandant im sogenannten Geschwindigkeitsgrenzbereich (Geschwindigkeit bei der im fahrphysikalischen Grenzbereich der Kontrollverlust droht) gefahren sein soll wird geprüft werden müssen, ob der Sachverständige von den richtigen Anknüpfungstatsachen (Tatsachen auf denen der Sachverständige sein Gutachten aufbaut) ausgegangen ist.

Zu erwägen kann im Hinblick auf die anstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Verfassungswidrigkeit der Bestimmung ein Aussetzungsantrag der Verteidigung.

Zumindest wird man das Gericht aus Sicht der Verteidigung angesichts der verfassungsrechtlichen Bedenken zu einer zurückhaltenden Anwendung des Alleinrennens bewegen wollen.

Zudem wird man dem Gericht versuchen in geeigneten Fällen die im Falle des Mandanten vorliegende bloße „normale“ Geschwindigkeitsüberschreitung (Ordnungswidrigkeit) deutlich zu machen und zum für den Mandanten angesichts des Strafmaßes gefährlichen Rennen abzugrenzen:

Typische Gefahren eines Rennens sind waghalsige Verhaltensweisen, die die Gefahr des Kontrollverlustes mit sich bringen, was andere Verkehrsteilnehmer erheblich gefährdet. Nach der Gesetzesbegründung verleite die „in einem solchen Rennen innewohnende Dynamik in besonderer Weise zu riskanten Verhaltensweisen, denn Rennteilnehmer werden durch den Wettbewerb bestärkt, Fahr- und Verkehrssicherheit außer Acht zu lassen und nehmen für eine Zuwachs an Geschwindigkeit den Verlust der Kontrolle über ihre Fahrzeuge in Kauf.“

Das heißt aber, dass bloße Geschwindigkeitsüberschreitungen eben nicht von der Strafbarkeit des Rennens erfasst sein sollen.

Strafbar sind nur solche Handlungen, die objektiv und subjektiv aus der Menge der bußgeldbelegten Geschwindigkeitsverstöße herausragen.

Dies muss die Verteidigung durch ihr Verteidigungsverhalten deutlich machen.

Rückfragen zu Ihrem Fall unter: erven@kanzlei-erven.de

7. Was können wir als Anwalt gegen den Entzug der Fahrerlaubnis machen?

Oft wird noch vor Ort nach dem Vorwurf eines Rennens von der Polizei der Führerschein sichergestellt.

Zum Teil erhält der verdutzte Autofahrer aber auch obwohl ihm zunächst der Führerschein belassen wurde erst in einigem zeitlichem Abstand zur Tat unangenehme Post vom Gericht mit der diesem per Beschluss durch den zuständigen Amtsrichter die Fahrerlaubnis entzogen und ab Zugang das Fahren unmittelbar untersagt und unter Strafe gestellt wird (sog. „§ 111 a StPO-Beschluss“).

Ob hier aufgrund des Einzelfalls (Länge der Fahrtstrecke, Tageszeit, keine Gefährdung Dritter, etc.) oder durch Absolvierung eines Verkehrserziehungskurses Aussichten auf eine vorzeitige Wiedererlangung der Fahrerlaubnis bestehen, muss von uns als Verteidiger genau abgewogen werden und sodann über das weitere Vorgehen entschieden werden.

Wir erleben immer wieder, dass andere Verteidiger unbedacht oder ohne jede weitere Begründung das hier mögliche Rechtsmittel der Beschwerde (§ 304 StPO) gegen den Entzug der Fahrerlaubnis einlegen.

Dies führt zwar dazu, dass sich das Landgericht mit der Beschwerde gegen den Entzug der Fahrerlaubnis durch den Amtsrichter zu beschäftigen hat. Liegt aber keine tragfähige Begründung der Beschwerde vor oder ist diese aufgrund der Sachlage gar nicht möglich wird die Beschwerde abgewiesen.

Dem Mandanten ist damit nicht geholfen. Im Gegenteil: letztlich ist durch den in der Regel nicht unerheblichen Zeitablauf durch die Vorlage beim Landgericht die Sache noch weiter verzögert worden und der Führerschein immer noch nicht beim Mandanten.

Sinnvoller kann in diesem Fall die ohne Beschwerde schnellere Verhandlung der Sache vor Gericht sein in der dann auch über den Entzug der Fahrerlaubnis verhandelt wird.

8. Was können wir als Anwalt gegen die Einziehung und Versteigerung des Fahrzeugs machen?

Die mögliche Einziehung des Fahrzeugs soll nach den Gesetzesmotiven die Raserszene empfindlich und nachhaltig treffen und Verschiebungen der oft hochmotorisierten Fahrzeuge insbesondere durch Scheinkaufverträge innerhalb der Rennclique unterbinden.

Bei der Einziehung des Fahrzeugs ist zu unterscheiden, ob es sich um das eigene oder um ein fremdes Fahrzeug handelt:

1. eigenes Fahrzeug:

Hier kommt es für uns darauf an, ob die Einziehung des Fahrzeugs nach § 74 f Abs. 1 S. 1 StGB unverhältnismäßig ist:

„…wenn sie zur begangenen Tat und zum Vorwurf, der den von der Einziehung Betroffenen trifft, außer Verhältnis stünde…“.

Für uns als Anwalt ist eine entsprechende Argumentation und Darlegung der Verhältnisse des Betroffenen entscheidend.

Wichtige Argumente sind:

  • hoher Zeitwert des Fahrzeugs (Privilegierung von Luxusfahrzeugen)
  • Existenzgefährdung
  • Nachhaltige Einschränkung der Mobilität (auch für die Familie)
  • Bedeutung und Schuldgehalt der Tat (wie lang - "Sprintrennen" - war das Rennen und wie schwerwiegend?)
  • Wiederholungsgefahr?
  • Tod eines Menschen?

Nach einem Beschluss des Landgerichts Berlin vom 29.01.2019 kommt es hierauf an:

„Als ermessensleitende Kriterien für die Einziehung eines Kraftfahrzeuges nach einem verbotenen Rennen kommen die Gefahr weiterer verkehrsrechtlicher Verstöße des Täters, die Länge der gefahrenen Strecke, Art und Weise des Renngeschehens, das Ausmaß der Gefährdung anderer sowie die Frage, ob etwa die Familie des Täters auf das Fahrzeug angewiesen ist, in Betracht.“

In diesem Fall war der Porsche zumindest bis zur Hauptverhandlung jedoch eingezogen worden, obwohl der Täter nicht strafrechtlich vorbelastet war, die Fahrtstrecke lediglich ca. 350 Meter betragen hatte und die beiden Rennteilnehmer bis auf 95 km/h stark beschleunigt hatten.

Sollte es nicht gelingen eine Einziehung zu verhindern kann von uns versucht werden, zumindest eine sogenannte Einziehung unter Vorbehalt nach § 74 f Abs. 1 Nr. 3 StGB durchzusetzen. Bei dieser weniger einschneidende Maßnahme wird der Täter angewiesen das Tatmittel (Auto) selbst zu veräußern und kann zumindest den Erlös behalten.

Ansonsten droht tatsächlich die ersatzlose Versteigerung des Fahrzeugs zugunsten der Staatskasse.

2. fremdes Fahrzeug:

Bei der Einziehung von Fahrzeugen nach einem illegalen Rennen sind 80-90 % der Fälle solche bei denen das Fahrzeug nicht dem Fahrer, sondern Dritten gehört.

Selbst hier ist unter besonderen Voraussetzungen eine Einziehung des Fahrzeugs und eine ersatzlose Versteigerung möglich.

Jedoch ist nach § 74 a StGB erforderlich, dass der Fremdeigentümer vorsätzlich oder zumindest leichtfertig zur Verwendung des Fahrzeugs als Tatmittel eines Rennens beigetragen hat.

Dies ist für die Ermittlungsbehörden jedoch zumindest bei Mietfahrzeugen, Leasingfahrzeugen oder Carsharingfahrzeugen kaum nachweisbar.

9. "Driften und Donuts" als Illegales Autorennen?

Über die Sonderkommissionen der Polizei werden derzeit auch vermehrt Parkplätze kontrolliert und die Tuningszene bei deren Treffen beobachtet.

Illegales Autorennen Drifting
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Wird hier „gedriftet“ (kontrolliertes Übersteuern des Fahrzeugs mit seitlichem Ausbrechen des Hecks in der Kurve), was man eher aus dem Motorsport kennt oder „Donuts“ (Kreise drehen) gezogen oder ein „Posing“ (Hochjagen des Motors bei Leerlauf) gemacht wird sofort von der Polizei eingeschritten.

Dasselbe gilbt bei Korsos von Hochzeiten oder nach Fußballspielen, wenn derartige Aktionen beobachtet werden.

Wieder steht der Vorwurf des illegalen Autorennens im Raum. Doch liegt ein solches tatsächlich vor? Am 19.05.2020 hatte das Oberlandesgericht Zweibrücken als Instanzgericht über einen derartigen Fall zu entscheiden.

Der Jugendrichter des Amtsgerichts hatte zuvor wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens in der Form des Alleinrennens nach § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt und die Fahrerlaubnis entzogen.

Was war passiert?

Auf einem Verkehrskreisel in der Innenstadt hielten sich einige Personen, darunter auch Polizeibeamte auf. Der Angeklagte näherte sich dem Kreisel mit hoher Geschwindigkeit. Er bremste kurz ab und erblickte die Polizisten.

Bei der Einfahrt in den Kreisel ließ er den Motor seines Autos aufheulen und beschleunigte darauf voll, so dass das Heck des Fahrzeugs ausbrach. Anschließend fuhr er driftend durch den Kreisverkehr und verließ diesen anschließend mit hoher Geschwindigkeit, wobei das Heck ausbrach und dieser zeitweise in den Gegenverkehr geriet.

Sodann beschleunigte er voll unter gleichzeitiger Betätigung der Bremse, wodurch -wie beabsichtigt- ein Durchdrehen der Hinterreifen mit Quietschgeräuschen bewirkt wurde („Burn Out“) und das Heck erneut ausbrach.

Das Oberlandesgericht erörterte, dass § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB nach dem Willen des Gesetzgebers die Fälle erfassen solle, in denen ein einzelner Fahrer objektiv und subjektiv ein Autorennen nachstelle.

Damit solle den besonderen Gefahren durch einen Verlust der Fahr- und Verkehrssicherheit durch den nachgestellten Renncharakter entgegengewirkt und einem Inkaufnehmen des Verlustes der Kontrolle über das Fahrzeug für einen Zuwachs an Geschwindigkeit.

In subjektiver Hinsicht müsse beim Täter hinzukommen, dass das Erreichen einer unter Berücksichtigung der fahrzeugspezifischen Beschleunigung, dem subjektiven Geschwindigkeitsempfinden und der konkreten Verkehrssituation möglichst hohen „relativen“ Geschwindigkeit beabsichtigt gewesen sei; die „höchstmögliche“ Geschwindigkeit stelle dabei die Wortgrenze der Norm dar.

Beim Fahrverhalten im Kreisel sei bereits zweifelhaft, ob -wie § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB voraussetze, mit „nicht angepasster Geschwindigkeit“ gefahren worden sei.

Entscheidend sei hier nicht die überhöhte Geschwindigkeit, sondern ob das Fahrzeug bei dieser Geschwindigkeit noch sicher beherrscht werden könne.

Es sei nicht festgestellt worden, dass der Angeklagte das Fahrzeug nicht sicher beherrscht habe; vielmehr sei dem Angeklagten das Fahrverhalten des Fahrzeugs in Grenzsituationen vertraut gewesen. Eine „unangepasste Geschwindigkeit“ komme aber beim Ausfahren aus dem Kreisel in Betracht bei dem das Fahrzeug aufgrund der nassen Fahrbahn und der hohen Geschwindigkeit ausbrach und wieder vom Angeklagten eingefangen werden musste.

Hier sei aber vom Amtsgericht nicht geklärt worden, ob das Ausbrechen des Fahrzeugs durch die Geschwindigkeit oder bewirkt wurde oder durch den Umstand, dass es sich vorher in einer Querdrift befunden habe. Es wurde freigesprochen.

Fazit: Geschicklichkeitsdemonstrationen zu denen auch „Donuts“ gehören, bei denen es nicht um ein möglichst schnelles Fortkommen geht, dürften in der Regel kein illegales Autorennen darstellen.

Hier kann von uns eine Verurteilung oft abgewendet werden.

Nicht die Beschleunigung steht hier im Vordergrund, sondern die Beherrschbarkeit und das Fahrtgeschick ist leitend.

Falls aber das Fahrzeug hoch beschleunigt wird, um ein solches Manöver während der Fahrt durchzuführen oder sich von einem solchen Manöver schnell zu entfernen, kann der Grenzbereich zum Fahrzeugrennen schnell erreicht werden.

Wer lediglich im Korso fährt ohne einen Geschwindigkeitswettkampf zu veranstalten, begeht kein Autorennen. Es fehlt in diesem Fall am notwendigen Wettbewerbscharakter der Teilnehmer am Korso.

10. "Polizeiflucht" als Straßenrennen?

Vielfach wird der Vorwurf des Rennens auch eröffnet, wenn vor der Polizei mit dem Fahrzeug geflüchtet wird. Dies kann die verschiedensten Gründe haben: Fahren ohne Fahrerlaubnis, Fahren unter Drogen, Waffen oder Drogen an Bord, offener Haftbefehl wegen anderer Delikte, etc.

Ziel ist es dann, sich um jeden Preis der polizeilichen Kontrolle zu entziehen.

Über einen derartigen überraschend häufig vorkommenden Fall hatte das OLG Stuttgart mit Beschluss vom 04.07.2019 zu entscheiden.

Illegales Autorennen Polizeiflucht
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Fallkonstellation: Der Angeklagte flüchtete vor der Streifenwagenbesatzung der Polizei, die eine Verkehrskontrolle durchführten wollte und deshalb Haltesignal gab.

Dabei fuhr der Angeklagte mit weit überhöhter Geschwindigkeit durch einen Ort.

Über die Gegenfahrbahn fuhr der Angeklagte über eine rote Ampel uns setzte seine Fahrt bei erlaubten 50 km/h mit mindestens 145 km/h fort. Nach dem Ortausgang schnitt er mit weiter hoher Geschwindigkeit an unübersichtlichen Stellen die Kurven.

Entscheidung des Gerichts: Beim Alleinrennen setze das vorausgesetzte Handeln, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, lediglich voraus, dass es dem Täter darauf ankomme, in der konkreten Situation die durch seine Fähigkeiten oder entsprechend den Wetter-, Verkehrs-, Sicht-, oder Straßenverhältnissen höchst mögliche Geschwindigkeit zu erreichen.

Ob der Täter noch andere Ziele verfolge sei irrelevant. Auch der Wille zur Flucht vor einem Polizeifahrzeug schließe die Absicht zur Erzielung der höchstmöglichen Geschwindigkeit nicht aus.

Dies ist auch aus unserer Sicht als Anwalt zu hinterfragen, denn dem Flüchtenden wird es nur auf die erfolgreiche Flucht ankommen und nicht auf die Erzielung der höchstmöglichen Geschwindigkeit.

11. Zu schnelles Konvoifahren als Rennen?

Das Landgericht Berlin hat sich mit Beschluss vom 21.12.2020 damit auseinanderzusetzen, ob ein zu schnelles Fahren im Konvoi im konkreten Fall ein Rennen darstellt.

Was war passiert?

Dam Beschuldigten wurde vorgeworfen mit seinem Fahrzeug Audi A3 Sportsback am 01.09.2020 um 21.50 Uhr im Innenstadtbereich eine Strecke von ca. 800 Meter gefahren zu sein. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit soll 60 km/h betragen haben.

Es soll vorausgefahren sein und ein Mitbeschuldigter soll mit seinem VW Tiguan gefolgt sein. Im Bereich einer Kreuzung sei es zu einem Fahrstreifenwechsel von beiden Beschuldigten gekommen. Ein vorausfahrendes Fahrzeug sei rechts ohne Blinker überholt worden.

Das verfolgende Polizeifahrzeug habe dabei mit einer Geschwindigkeit von 110 km/h den Abstand nur gering verringern können. An einer rotlichtzeigenden Ampel hätten die Beschuldigten sodann bremsen müssen und hätten angehalten.

Die Amtsanwaltschaft ging von einem Rennen mit mehreren Teilnehmern nach § 315 d Abs. 1 Nr.2 StGB aus und dem folgte auch das Amtsgericht Tiergarten. Beiden Beschuldigten wurde die Fahrerlaubnis am 15.09.2020 entzogen.

Hiergegen wurde einem Beschuldigten erfolgreich Beschwerde beim Landgericht Berlin eingelegt.

Das Landgericht sah keine dringenden Gründe für eine mögliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen eines Rennens mit mehreren Teilnehmern nach § 315 d Abs. 1 Nr.2 StGB oder eines Alleinrennens nach § 315 d Abs. 1 Nr.3 StGB. Auch eine Gefährdung des Straßenverkehrs liege nach bisherigem Ermittlungsergebnis wegen fehlender Gefährdung Dritter nicht vor.

Als Rennen sei ein Wettbewerb von mindestens zwei teilnehmenden Kraftfahrzeugen zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten oder höchsten Durchschnittsgeschwindigkeiten zu verstehen. Auch ein Fahren im Konvoi könne mit Renncharakter erfolgen. Allerdings seien hier die objektiven Indizien zur Feststellung eines Wettbewerbsverhaltens unzureichend.

Eine zumindest schlüssige Verabredung zu einem Rennen wie die Verwendung renntypischer Begrifflichkeiten liege nicht vor; ebenso nicht die Bestimmung einer konkreten Fahrtstrecke und das Nehmen der Zeit.

Hier läge lediglich ein übereinstimmendes zu schnelles Hintereinanderfahren im Innenstadtbereich vor unter Missachtung der zulässigen Geschwindigkeit und der Regeln zum Überholen. Ein Wettbewerb zwischen den Fahrzeugen könne aber nicht nachgewiesen werden.

Auch für ein sog. Alleinrennen würden genügend Anhaltspunkte fehlen. Das Alleinrennen könne als Auffangtatbestand bei nicht nachgewiesenem Rennen unter mehreren Teilnehmern angewendet werden.

Allerdings lägen keine dringlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschuldigte handelte um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Hier müsse eine Abgrenzung zwischen bußgeldbewehrten Geschwindigkeitsverstößen und dem Nachstellen eines Rennens erfolgen.

Die Absicht die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erzielen erfasse die fahrzeugspezifische Beschleunigung und höchste Geschwindigkeit, das subjektive Geschwindigkeitsempfinden, die Verkehrslage und die Witterungsbedingungen.

Hier sei nur bekannt, dass dem Beschuldigten das zu schnelle Fahren bewusst war.

Hingegen sei die Absicht zur Erzielung der maximalen fahrzeugspezifischen Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit nicht nachgewiesen und angesichts der technischen Fähigkeiten des Fahrzeuges nicht selbstverständlich.

12. Rennen trotz Einhalten der Verkehrsregeln?

Nach den Gesetzesmotiven soll auch bei Einhaltung der Verkehrsregeln, insbesondere der zulässigen Geschwindigkeit trotzdem ein Autorennen möglich sein, wenn das Beschleunigungspotential ausgenutzt wird.

Dies erscheint aus unserer Sicht zweifelhaft, denn verkehrskonformes Handeln kann nicht strafbar sein:

Warum soll derjenige bestraft werden, der die Verkehrsregeln einhält?

Letztlich würde das bloße Motiv schneller als andere am Ziel zu sein unter Strafe gestellt.

Verkehr ist aber immer darauf ausgerichtet eine schnelle Zielerreichung zu gewährleisten. Zumindest eine Verfahrenseinstellung wegen Geringfügigkeit erscheint uns als Anwalt hier möglich.

13. Rennen bei leerer Straße?

Auch ein Rennen ohne relevanten Verkehr oder Menschen auf angrenzenden Geh- oder Radwegen ist strafbar. § 315 d Abs. 1 StGB ist ein sogenanntes abstraktes Gefährdungsdelikt.

Es kommt nicht darauf an, ob eine konkrete Gefährdung für Dritte eingetreten ist.

Sollte aber auf menschenleeren Wegen ohne irgendeinen Anhaltspunkt für Autoverkehr ein Rennen ausgetragen worden sein stellt sich die Frage, ob absolute Unmöglichkeit einer abstrakten Gefahr besteht. Wir werden hier als Anwalt zumindest über eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen Geringfügigkeit diskutieren können.

14. Höhere Strafe wegen weiterer Straftaten neben dem illegalen Autorennen?

Neben dem illegalen Rennen können durchaus auch andere Straftatbestände, die das Strafmaß erhöhen, verwirklicht werden.

Weitere Informationen zum Thema illegales Autorennen finden Sie auf unserer Webseite
Weitere Informationen zum Thema illegales Autorennen finden Sie auf unserer Webseite: https://www.kanzlei-erven.de/.

Es muss also nicht nur bei der Bestrafung wegen Verwirklichung eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens bleiben.

In Betracht zu ziehen ist zum einen eine Nötigung anderer Verkehrsteilnehmer (durch Auffahren, rechts überholen und schneiden, etc.) und eine Gefährdung des Straßenverkehrs (durch rechts überholen, zu schnelles Fahren an unübersichtlichen Stellen mit „Beinaheunfall“).

Bei Verletzung oder Tötung anderer Verkehrsteilnehmer: fahrlässige Körperverletzung, fahrlässige Tötung, Totschlag oder sogar Mord (siehe hierzu unsere ausführliche Darstellung des Kudamm-Raserfalls).

15. Wie kann mir ein Anwalt helfen?

Wird Ihnen ein illegales Autorennen vorgeworfen, wenden Sie sich sofort an einen Anwalt, der im Verkehrsrecht versiert ist! Der Tatbestand ist neu, so dass die Rechtsprechung in Hinblick auf den neuen § 315d StGB noch nicht gefestigt ist.

Viele Tatbestandsmerkmale unterliegen Wertungen. Welche Kriterien für ein Rennen gelten und ob diese erfüllt sind ist oft unklar. Unserem Mandanten kann beim Alleinrennen oft nicht nachgewiesen werden zur Erzielung der höchstmöglichen Geschwindigkeit gefahren zu sein.

Das Merkmal der groben Verkehrswidrigkeit und der Rücksichtslosigkeit kann oft von uns diskutiert werden. Häufig können wir auch die vermeintlichen Beobachtungen von Zeugen (oftmals Polizisten) kritisch hinterfragen ...

Die Gerichte müssen sich beim neuen Autorennparagraphen erstmal herantasten und haben noch keine klare Linie. Hier können wir als Anwalt also viel für Sie bewirken!

Wir können darüber hinaus die negativen Konsequenzen für Ihre Fahrerlaubnis und das Fahrzeug abmildern und versicherungsrechtliche Fragen klären.

Beauftragen Sie auf jeden Fall einen Anwalt mit Erfahrung auf dem neuen Gebiet des illegalen Autorennens.

Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich gerne an unser auf die Verteidigung von illegalen Autorennen spezialisiertes Team.

16. Zusammenfassung

  • Ein Illegales Autorennen ist nunmehr eine Straftat (§ 315d StGB – Verbotene Kraftfahrzeugrennen) mit erheblicher Straferwartung
  • Es droht mindestens eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren
  • Bei Tod oder Verletzung eines Menschen beträgt die Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren!
  • Es kommen zusätzlich Folgen für die Fahrerlaubnis in Betracht
  • Die bei dem Autorennen benutzten Fahrzeuge können eingezogen werden und das Eigentum entzogen werden
  • Die Kaskoversicherung ist leistungsfrei
  • Die Haftpflichtversicherung muss leisten, wird aber beim Versicherten Regress nehmen
  • Der Begriff des Autorennens ist uneindeutig und nicht klar definiert
  • § 315 d StGB ahndet nicht nur zu schnelles Fahren. Es muss ein Fahren im Grenzbereich vorliegen, dass zum Erreichen maximaler Geschwindigkeit dient.
  • Maximale Geschwindigkeit ist situationsbedingt zu beurteilen und hängt auch vom Fahrer und vom Fahrzeug ab
  • Auch sogenannte wilde Rennen von Ampel zu Ampel ohne ausdrückliche Verabredung sind strafbar
  • Ein Rennen fährt auch derjenige, der allein gegen die Zeit fährt /fahren will
  • Der Nachweis eines Rennens ist teilweise und insbesondere beim Alleinrennen nur mit Sachverständigen möglich
  • Der Nachweis der Raserabsicht ist schwierig, aber vor allem beim Vorliegen von Videos oder Fahrzeugdaten möglich
  • Eine Bestrafung wegen der Verwirklichung weiterer Straftatbestände (Nötigung, Gefährdung des Straßenverkehrs, Körperverletzung, Mord…) ist möglich und erhöht die Straferwartung
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Fachanwalt für Verkehrsrecht Thomas Erven

„Ein Anwalt kann für einen Verdächtigen / Täter bei der Verteidigung eines Renens viel tun – die Regelung ist neu und die Gerichte haben noch keine klare Linie“

17. Die Mutter aller Rennen: Der Berliner Kudamm-Raserfall

In einem spektakulären und medienwirksamen Verfahren im Jahre 2017 hat die Strafkammer des Berliner Landgerichts zwei Raser nach einem Straßenrennen wegen gemeinschaftlichen Mordes verurteilt.

Der Fall mit dem alles begann

Was war passiert?

Die sogenannten Kudamm-Raser hatten am 01.02.2016 auf dem Kudamm und dessen Verlängerung, der Tauentzienstraße ein illegales Rennen ausgetragen und dabei zahlreiche rote Ampel überfahren. In Höhe des Breitscheidplatzes fuhren beide in einer Rechtskurve im sogenannten Geschwindigkeitsgrenzbereich ca. 120-135 km/h und beschleunigten noch weiter.

Im Kreuzungsbereich Tauentzienstraße / Nürnberger Straße überfuhren sie noch eine rote Ampel. Eine Einsicht in den Querverkehr bestand aufgrund der hohen Geschwindigkeit und der dortigen Bebauung nicht.

Der eine Angeklagte fuhr zu diesem Zeitpunkt mit seinem Audi innerorts zwischen 160 und 170 km/h. Er kollidierte mit einem bei grüner Ampel im Kreuzungsbereich querenden Jeep.

Der 69jährige Fahrer verstarb noch am Unfallort. Die Geschwindigkeiten der Fahrzeuge konnten durch die Auslesung der digitalen Fahrzeugdaten in den Täterfahrzeugen rekonstruiert werden.

Das Landgericht Berlin verhängte mit Urteil vom 27.02.2017 lebenslange Haftstrafen wegen Mordes (Mordmerkmal gemeingefährliche Begehungsweise) und entzog die Fahrerlaubnis lebenslang. Bis dahin war von Gerichten lediglich wegen Totschlages zu kürzeren Freiheitsstrafen verurteilt worden.

Der Fall war die Initialzündung für das Gesetzgebungsverfahren zum neuen Rennparagraphen.

Rennen als vorsätzliches Tötungsdelikt?

Der Fall kreist um ein immer wieder vorkommendes Kernproblem im Strafrecht: die Abgrenzung zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit.

Diese hat für den Täter außerordentliche Bedeutung, denn hiervon hängt ab, ob wegen vorsätzlicher Tötung (Totschlag) oder sogar wegen Mordes oder aber lediglich wegen fahrlässiger Tötung mit niedrigerer Straferwartung verurteilt werden kann.

Was ist der Unterschied zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit?

Bedingter Tötungsvorsatz

Nach der gängigen Definition ist bedingter Tötungsvorsatz gegeben, „wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (kognitives Element) und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (voluntatives Element).

Bewusste Fahrlässigkeit

Diese liegt vor, „wenn der Täter mit der möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft und nicht vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten.“

Im Berliner Kudamm-Raserfall kam es sodann zu einer spektakulären Abfolge von Urteilen des Berliner Landgerichts und anschließenden Revisionen der Verteidigung zum Bundesgerichtshof:

Erstes Urteil Berliner Landgericht am 27.02.2017

Das Berliner Landgericht verurteilt am 27.02.2017 wegen vorsätzlichem Tötungsdelikt: Mord!

Der bedingte Tötungsvorsatz wurde von den Berliner Richtern bejaht.

Spätestens ab Einfahrt in die Kreuzung Tauentzienstraße/Nürnberger Strasse mit 139 bis 149 km/h bzw. 160 bis 170 km/h bei roter Ampel habe bedingter Tötungsvorsatz vorgelegen, da den Tätern bewusst war, dass die Insassen vorfahrtsberechtigter in die Kreuzung einfahrender Fahrzeuge sterben konnten.

Die hohe Geschwindigkeit der Täter schließe fahrlässiges Handeln aus. Durch das hohe Eigengewicht der Fahrzeuge und deren umfassende Sicherheitsausstattung sei jedes Eigenrisiko von den Fahrern ausgeblendet worden.

Erstes Urteil Bundesgerichtshof am 01.03.2018

Der Bundesgerichtshof hebt am 01.03.2018 Verurteilung wegen Mordes auf.

Mit großem Interesse werden die Raser-Szene aber auch Opfer illegaler Autorennen und Angehörige von Verstorbenen oder Verletzten das sich daran anschließende Urteil des BGH zur Kenntnis genommen haben: die Richter in Karlsruhe haben das Urteil des Berliner Landgerichts aufgehoben.

Warum? Knackpunkt ist anhand der gerichtlichen Feststellungen des Landgerichts Berlin der bedingte Tötungsvorsatz. Hier ist insbesondere der Vorsatzzeitpunkt als auch der Aspekt der Eigengefährdung entscheidend.

Vorsatzzeitpunkt

Hier hatten die Berliner Richter auf die Einfahrt in die Kreuzung Tauentzienstraße/Nürnberger Strasse abgestellt (s.o.). Hierzu stellt der BGH aber fest, dass zu diesem Zeitpunkt der Geschehensablauf bereits unumkehrbar in Gang gesetzt worden sei.

Nach den Urteilsfeststellungen der Berliner Richter sei angesichts der hohen Fahrgeschwindigkeiten eine Kollision mit kreuzenden Fahrzeugen gar nicht mehr zu vermeiden gewesen.

Eigengefährdung

Der BGH hielt es für jedenfalls nicht selbstverständlich, dass ein bestimmter Typ von Autofahrern in einer bestimmten Art von Autos sich trotz hoher Sicherheitsausstattung immer sicher fühle und Risiken für die eigene Person und Mitinsassen stets ausschließe.

Mit dem vorsatzkritischen Moment der Eigengefährdung habe sich das Landgericht Berlin nicht ausreichend auseinandergesetzt.

Vorsatzzeitpunkt und Eigengefährdung könnten den Vorsatz ausschließen. Es seien zusätzliche Feststellungen zum genutzten Tatfahrzeug und konkret drohendem Unfallszenario notwendig um trotz der Eigenfährdung Vorsatz anzunehmen.

Der BGH hat die Sache an das Landgericht in Berlin an eine andere Kammer zurückverwiesen, welche neu über den Vorsatz entscheiden musste.

Was bedeutet das nun genau?

Der BGH stellt klar, dass es nicht so einfach ist, bei Rasern bedingten Tötungsvorsatz anzunehmen – so gedankenlos und rücksichtslos sie sich auch verhalten mögen.

Aber: Eine Verurteilung wegen Mordes war damit noch nicht vom Tisch!

Zweites Urteil Berliner Landgericht am 26.03.2019

Neue Verurteilung wegen Mordes durch das Landgericht Berlin am 26.03.2019.

Die Richter am Berliner Landgericht beurteilten den Fall neu und damit die Frage nach dem Vorsatz nochmals neu in einem zweiten Prozess. In der neuen Verhandlung hat das Gericht den bedingten Vorsatz neu begründet und erneut wegen Mordes verurteilt.

Zum Vorsatzzeitpunkt und zur Eigengefährdung nahm das Gericht neu Stellung.

Vorsatzzeitpunkt

Das Bewusstsein der möglichen Tötung anderer Verkehrsteilnehmer habe schon in dem Zeitpunkt des Fahrens im Geschwindigkeitsgrenzbereich am Breitscheidplatz vorgelegen als man noch habe bremsen können und die Fahrzeuge habe noch kontrollieren können.

Die Berliner Richter verlagerten den Vorsatzzeitpunkt also zeitlich vor.

Zudem stellte das Landgericht fest, dass für die Fahrer kein Anlass bestanden hätte auf einen positiven Ausgang vertrauen zu können angesichts der eigenen Geschwindigkeit, technischen Ausstattung der Fahrzeuge und der schlechten Sichtverhältnisse.

Eigengefährdung

Man habe „um des Rennens willen“ die mögliche Selbstschädigung in Kauf genommen und selbst den möglichen Tod von Menschen als „Teil des Kicks“ verstanden.

Es wurden nun sogar zusätzlich zur gemeingefährlichen Begehungsweise (fehlende Kontrolle über die Autos (wie „Geschosse“)) noch die Mordmerkmale der Heimtücke (Opfer im Jeep überquert die grüne Ampel und ist arg- und auch wehrlos) und der niedrigen Beweggründe (Sieg beim Rennen um jeden Preis, auch den Tod von Menschen) angenommen.

Hiergegen legten die Verteidiger Revision ein, so dass nun erneut der BGH entscheiden musste.

Zweites Urteil Bundesgerichtshof am 18.06.2020

Erneutes Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18.06.2020.

Die Richter des Bundesgerichtshofs haben in der Revision das Urteil wegen Mordes gegen den unfallverursachenden Angeklagten bestätigt und gegen den anderen als Mittäter verurteilten Fahrer aufgehoben.

Hinsichtlich des unfallverursachenden Angeklagten sei der bedingte Vorsatz durch das Landgericht mit der außergewöhnlichen Gefährlichkeit des Fahrverhaltens, der daraus resultierenden Unfallträchtigkeit und der billigenden Inkaufnahme eines schweren Verkehrsunfalls mit tödlichen Folgen ausreichend begründet worden.

Den hohen Anforderungen an die Prüfung der vorsatzkritischen Umstände in diesem besonderen Fall sei das Landgericht gerecht geworden.

Insofern habe sich das Landgericht auch mit der mit dem Unfall verbundenen Eigengefährdung des Angeklagten und dem Handlungsmotiv den Rennsieg zu erlangen, der durch einen Unfall vereitelt würde, ausreichend auseinandergesetzt.

Bei Prüfung der Eigengefährdung habe das Landgericht hinsichtlich dieses vorsatzkritischen Moments zu Recht auf das tatsächlich eingetretene Unfallgeschehen abgestellt.

Es sei ausreichend begründet worden, dass der Angeklagte den Unfallhergang als möglich erkannte und die daraus hervorgehende eigene Gefahr als gering einschätzte und in Kauf nahm.

Das Handlungsmotiv den Rennsieg davon zu tragen, habe das Landgericht ausreichend als nicht vorsatzausschließend begründet in dem belegt wurde, dass der Angeklagte erkannte das Rennen nur bei maximaler Risikosteigerung auch für andere Verkehrsteilnehmer und Zurückstellung aller Bedenken zu gewinnen.

Der BGH hat hingegen das Urteil gegen den Mitangeklagten aufgehoben und zur Neuverhandlung wiederum an das Landgericht zurückverwiesen, da die mittäterschaftliche Verurteilung durch die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht ausreichend getragen werde.

Ein auf Tötung gerichteter gemeinsamer Tatentschluss der Angeklagten sei nicht ausreichend belegt.

Eine Ausweitung des Tatplans der Angeklagten während des Zufahrens auf die Kreuzung vom Straßenrennen auf die gemeinsame Tötung eines Menschen sei angesichts der Konzentration auf das Rennen abwegig.

Der BGH stellte aber klar, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handele. Raser seien nicht stets Mörder, Raser könnten aber in Ausnahmefällen Mörder sein.

Drittes Urteil des Landgerichts Berlin am 02.03.2021

Neues Urteil des Landgerichts Berlin vom 02.03.2021 gegen den anderen Rennteilnehmer.

Mit Urteil vom 02.03.2021 hat das Berliner Landgericht den Mitangeklagten im anderen Fahrzeug der nicht direkt mit dem Jeep kollidiert wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt und die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre für die Wiedererteilung von 5 Jahren ausgesprochen.

Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor.

Die Verteidigung hat bereits Revision angekündigt, so dass sich der Bundesgerichtshof ein drittes Mal mit dem Fall wird beschäftigen müssen. Wir halten Sie auf dem Laufenden.


Erstes Urteil Berliner Landgericht am 27.02.2017

Das Berliner Landgericht verurteilt am 27.02.2017 wegen vorsätzlichem Tötungsdelikt: Mord!

Der bedingte Tötungsvorsatz wurde von den Berliner Richtern bejaht.

Spätestens ab Einfahrt in die Kreuzung Tauentzienstraße/Nürnberger Strasse mit 139 bis 149 km/h bzw. 160 bis 170 km/h bei roter Ampel habe bedingter Tötungsvorsatz vorgelegen, da den Tätern bewusst war, dass die Insassen vorfahrtsberechtigter in die Kreuzung einfahrender Fahrzeuge sterben konnten.

Die hohe Geschwindigkeit der Täter schließe fahrlässiges Handeln aus. Durch das hohe Eigengewicht der Fahrzeuge und deren umfassende Sicherheitsausstattung sei jedes Eigenrisiko von den Fahrern ausgeblendet worden.

Rückfragen? Mailen Sie uns an unter erven@kanzlei-erven.de

In einem anders gelagerten Fall hat der BGH bereits bestätigt, dass ein rücksichtsloser Raser als Mörder verurteilt werden kann. 2017 hatte ein Mann in Hamburg mit einem gestohlenen Taxi bei einer Flucht vor der Polizei bei einer bewussten Fahrt im Gegenverkehr einen Menschen in einem entgegenkommenden Fahrzeug getötet und zwei schwer verletzt.

Die Karlsruher Richter bestätigten die lebenslange Haftstrafe der Ausgangsinstanz wegen bedingten Tötungsvorsatzes. Ab dem Zeitpunkt des Wechselns in den Gegenverkehr sei dem Angeklagten das eigene und das Leben anderer gleichgültig gewesen.

Weitere Entscheidungen, die dem Bundesgerichtshof bei Autorennen vorliegen werden mit Spannung erwartet.

Wichtig: Der mögliche Mordvorwurf gilt, obwohl es inzwischen den neuen Straftatbestand „Verbotene Kraftfahrzeugrennen“ gibt. Der Paragraf konnte auf den Berliner Fall nur noch nicht angewendet werden, weil er erst nach der damaligen Tat eingeführt wurde.

Der Vorwurf der Verwirklichung eines Mordes ist also auch jetzt nach Schaffung des neuen Paragraphen 315 d StGB nicht ausgeschlossen.

Fazit: Der Nachweis des (Eventual)vorsatzes zur Tötung anderer Verkehrsteilnehmer beim Teilnehmer eines Straßenrennens ist für die Gerichte oft schwierig wie der „Berliner Raserfall“ zeigt, denn der Teilnehmer wird meist nicht zugeben gewollt zu haben einen anderen Menschen zu töten.

Tatsächlich wird es dem Täter oft nur um den Rennsieg gehen. Gegen Tötungsvorsatz spricht auch die hohe Eigengefährdung seines Handelns.

Zudem werden die Gerichte den Vorsatzzeitpunkt sorgfältig prüfen müssen und den Blick darauf richten, ab welchem Zeitpunkt anlässlich des verbotenen Rennens eine Eigendynamik unter den Teilnehmern entstanden ist bei der das nachfolgende Geschehen bewusst und gewollt in eine Lage versetzt wurde, die für die Teilnehmer nicht mehr umkehrbar ist.

Die Zurückhaltung der Rechtsprechung zur Verurteilung wegen Mordes wird aber zunehmend aufgegeben.

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Artikel von Thomas Erven
Thomas Erven hat seinen Kanzleisitz in Köln. Er ist bundesweit tätig als Fachanwalt für Verkehrsrecht und spezialisiert auf Themen wie Bußgeld, Verkehrsstrafrecht und Unfälle.
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